Kommt die Bahn?

Der Autor dieses kleinen Blogs fährt jedes Jahr einige Male nach Bonn und war bisher meist ein relativ zufriedener Bahnkunde. In den nächsten drei Wochen habe ich noch zwei solche Reisen vor mir und der Reisedienst des Auftraggebers hat mir auch schon die Tickets geschickt.

Bevor man sich über die folgenden Zeilen wundert, sollte vielleicht noch gesagt werden, dass dieser Reisedienst jährlich eine ziemlich große Menge an Fahrkarten abnimmt und verteilt.

Die Bahn behauptet ja momentan gern, dass sie trotz der Schwierigkeiten 90% des Fahrplans einhalten kann. Sie setzt dazu zwar immer öfter alte und fast schon abgewrackte Ersatzzüge ein, wie man von Kollegen hört, aber man kommt wenigstens ans Ziel. Glaubt man und hofft man. Aber Pustekuchen!

Ein Bild aus dem Herbst 2005, als die Bahn noch ganz gut fuhr;-)

Ein Bild aus dem Herbst 2005, als die Bahn noch ganz gut fuhr;-)

Denn als ich heute spaßeshalber meine Verbindungen überprüfen wollte, stellte ich fest, dass es den alten Plan überhaupt nicht mehr gibt. Meine Verbindung war ganz weggefallen und die anderen (oft genutzten) Verbindungen gab es in der ursprünglichen Form auch nicht mehr. Die Bahn gewährleistet also nicht 90% der üblichen Verbindungen, sondern möglicherweise 90% eines ganz neuen Fahrplans.

Normalerweise fährt man von Dresden nach Frankfurt und dann entweder über Mainz oder über Siegburg nach Bonn. Die Strecke über Mainz ist schöner, die Strecke über Siegburg ist schneller. Jetzt soll man laut Reise-Auskunft über Berlin, Hannover und Köln fahren (ja, dreimal umsteigen und das ist natürlich mit wesentlich höherem Risiko verbunden).

Dazu muss man wissen, dass die Strecke von Dresden nach Berlin notorisch unzuverlässig bedient wird, weil viele Züge aus Budapest oder Prag kommen und fast nie pünktlich sind. Und die Schienen sind so schlecht, dass der Zug langsamer unterwegs ist, als vor dem zweiten Weltkrieg. Wir reden hier nicht über zehn Minuten Verspätung, sondern über halbe oder ganze Stunden. Und wir reden über die Verbindung von einer Landeshauptstadt in die Bundeshauptstadt.

Auf dieser Basis Ersatzverbindungen nach Bonn anzubieten ist also eine ganz große Unverschämtheit — die Verbindungen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren. Alternativ könnte man in Leipzig, Hannover und Köln umsteigen, aber das scheint genauso unzuverlässig zu sein.

Aber der Gipfel ist, dass ein professionell mit der Bahn zusammenarbeitender Reisedienst keinerlei Informationen darüber bekommt, dass die Fahrkarten und Reservierungen für die teuerste Verbindung Dresden — Bonn überhaupt nicht mehr sinnvoll benutzbar sind. Möglicherweise bekomme ich die Reservierungen ja getauscht, aber das kostet natürlich Zeit und Nerven. Jetzt verstehe ich, warum die Bahn neulich einen Schalterzuschlag einführen wollte …

Man sollte dem Bahn-Vorstand nicht nur die Boni streichen, sondern gleich noch zehn Prozent des bisherigen Gehalts. Denn es kann ja nicht nur von Erfolg keine Rede sein. Es funktionieren selbst nach dem PR-Quack der Bahn zehn Prozent der ICE-Verbindungen nicht (soviel zum »Flaggschiff der Deutschen Bahn«). Dass diese Größe überhaupt nicht auf den normalen Fahrplan bezogen ist, erfährt man noch nicht mal im Kleingedruckten.

[Aus unserer Serie »Soooo ’nen Hals« ;-)]

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3 Responses to Kommt die Bahn?

  1. stefanolix sagt:

    PS: Und jetzt haben sie in München auch noch einen ICE gegen einen Prellbock fahren lassen. Noch einer weniger. Bestimmt hatten sie den schon auf Risse untersucht;-)

  2. Lina sagt:

    Jetzt verstehe ich, warum die Bahn neulich einen Schalterzuschlag einführen wollte …

    Du bist also ein echt Leidtragender des ganzen Schlamassels, wie ich lese … mein Bedauern! Doch Dir bleibt die berechtigte (???) Hoffnung auf baldige Teilprivatisierung der Bahn – falls es dazu kommt.

    Bis dahin: (möglichst) gute Reise – auch bei ‚Erlkönig-Wetter‘ (:!

  3. stefanolix sagt:

    Manche technischen Probleme sind einfach vorhanden und man kann ehrlich darüber reden. Was ich der Bahn vorwerfe: ihre Unehrlichkeit und die Intransparenz der Vorgänge.

    Ich bin keineswegs absolut für eine Privatisierung der gesamten Bahn, erst recht nicht für ein überstürztes Handeln oder für eine schlecht durchdachte Lösung. Es sind mehrere Modelle denkbar und auf jeden Fall sollten Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigt werden.

    Die gesamte Infrastruktur könnte in einer Gesellschaft des Bundes und der Länder bleiben und von dieser betrieben (ausgebaut, instandgehalten) werden. Die Einnahmen aus der Vermietung des Netzes werden wahrscheinlich nicht ausreichen, es wird dafür wohl immer Steuergeld notwendig sein. Wichtig wäre für mich, dass es endlich richtigen Wettbewerb gibt.

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