Man kommt kaum mit dem Fotografieren hinterher (das hier sind noch Bilder vom Sonntag):
Denn, weil du so auf Recht pochst, sei gewiss: Recht soll dir werden, mehr als du begehrst.
29. März 2011Vor langer Zeit schloss ein junger Kaufmann unbekümmert einen Pakt mit einem mächtigen Wucherer. Der junge Kaufmann gab dem Wucherer sehr viel Geld und bekam dafür wertvolle Güter. Doch um das Geschäft perfekt zu machen, musste der Kaufmann dem Wucherer noch ein ungewöhnlich hohes Pfand überlassen.
Der Kaufmann wusste zwar: Würde dieses Pfand eingelöst, dann wäre es sein sicheres Ende. Doch er vertraute auf sein Glück, stimmte zu und der Vertrag wurde nach Recht und Gesetz besiegelt.
Die Geschäfte des Kaufmanns liefen nicht so, wie sie sollten. Das Geld verlor seinen Wert, die Güter konnten nur mit Verlust verkauft werden, die Gläubiger wollten ihr Geld. Der Kaufmann musste gegen den Pakt verstoßen.
Nach der vereinbarten Zeit wollte sich der Wucherer sein Pfand holen: Mit dem Messer stand er vor der Tür des Gerichts und verlangte sein Pfund Fleisch aus dem Körper des Kaufmanns. Denn das war vereinbart und auf sein Recht wollte er nicht verzichten.
Doch der Richter entschied, dass es noch ein höheres Recht als diesen Vertrag geben kann: Wenn mit dem Pfand auch der Kaufmann stirbt, dann muss sich der Wucherer mit einer Entschädigung zufriedengeben. Der Kaufmann zahlte nicht mit seinem Leben, der Wucherer bekam seine Entschädigung.
Die Ähnlichkeiten dieser kleinen Geschichte mit einem politischen Vorgang in Dresden und einem Stück von Shakespeare sind rein zufällig. Aber trotzdem — ganz ins Zufällige gesprochen: Mit Geschäftspartnern sollte man immer so umgehen, dass man nachher nicht wie ein Shylock dasteht … Auch, wenn man auf dem Papier ganz und gar Recht zu haben glaubt.
In der Ideologie der RAF
28. März 2011Die Süddeutsche Zeitung berichtet über eine Entgleisung des Kabarettisten Urban Priol:
Am Samstag auf dem Münchner Odeonsplatz mokierte sich Urban Priol vor etwa 30.000 Zuhörern über Wolfgang Bosbach, den Vorsitzenden des Innenausschusses im Bundestags, der vor einem „Rückfall in die Terrorspirale der siebziger Jahre“ gewarnt habe.
Er höre schon das Stammtischgegrummel, sagte Priol: „Die hätten heute wieder gut zu tun in Deutschland.“ Aber wen „von diesen Nasen“ solle man denn heute entführen? Einer wie der Brüderle „der textet die doch so zu, dass die den Kofferraum aufsperren und sagen: Bitte geh!“
Die SZ versucht eine Erklärung: Der Kabarettist sei damals erst sechzehn Jahre alt gewesen und vielleicht zu jung, um die Dimension dieser Verbrechen zu erfassen. — Dem will ich entgegensetzen: Ich war damals zehn Jahre alt und habe kein Bild des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten gesehen, sondern die Berichte am Radio meiner Oma im Deutschlandfunk verfolgt. Ich muss sagen: ich habe die Dramatik auch ohne Bilder verstanden. Ich könnte heute noch das alte Radio beschreiben, aus dem die Nachrichten von den RAF-Verbrechen kamen.
Herr Priol ist intelligent und clever. Er muss also ganz genau wissen, welche Verbrechen die RAF begangen hat. Er muss ganz genau wissen, dass die Mörder im Namen des Roten Symbols auch völlig unbeteiligte Menschen kaltblütig getötet haben.
Wenn jemand vom politisch rechten Rand vergleichbar zynische Stammtischparolen aufnähme, dann würde man den mit sofortigem Sendeverbot belegen — und nicht zu Unrecht. Man sollte Herrn Priol im Fernsehen keine Bühne mehr geben.
Und wenn er sonst irgendwo live auftritt — er sollte das tun können, denn wir haben ja Meinungsfreiheit und die letzten RAF-Anhänger wollen auch ihren Spaß —, wünsche ich ihm die gebührende Nichtachtung aller Bürger, die sich Ethik und Orientierung bewahrt haben.
Blumenrätsel
28. März 2011Licht aus?
28. März 2011Am Wochenende wurde wieder einmal in einer symbolischen Aktion die Beleuchtung öffentlicher Gebäude für eine Stunde unterbrochen. Auch an der Dresdner Frauenkirche gingen die Lichter aus. Die Medien machen daraus ein Ereignis und dann interessiert das Thema wieder ein Jahr lang keinen Menschen.
Ich frage mich bei solchen symbolischen Aktionen: Was soll das? Entweder die Beleuchtung ist notwendig — dann ist sie auch in dieser Stunde notwendig. Oder es gibt begründete Zweifel an der Notwendigkeit der Beleuchtung — dann sollte man schleunigst einen Konsens finden, zu welchen Zeiten sie abgeschaltet werden kann.
Zitat der Woche
25. März 2011Ich habe im letzten halben Jahr mehr über Manipulation durch Medien gelernt als die zwanzig Jahre zuvor.
schreibt Kommentatorin C. in Zettels kleinem Zimmer.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich habe heute zwei dicke Umschläge mit sehr viel Arbeit in der Post gehabt. Das werden anstrengende zwei Quartale. Aber nebenbei werde ich genauer hinsehen und mehr dazu schreiben. Es scheint wieder mal Zeit für Grönemeyers Zeilen zu sein:
…wir werden dosiert zensiert
menschen achtlos diffamiert
wie eine träge herde kühe
schaun wir kurz auf und grasen dann gemütlich weiter …
Keine träg grasende Kuh zu sein ist doch schon mal ein Anfang.
Jetzt noch schnell den Link auf einen Zettel-Artikel über das Polit-Theater um’s Brüderle setzen. Und jetzt starte ich in ein arbeitsreiches, spannendes Wochenende.
Ein kulinarischer Alptraum
25. März 2011Nach der lebhaften Diskussion mit Frank, Klaus und Michael über die 75.000 Bücher aus OpenSource-Quellen konnte ich schlecht schlafen. Ich hatte nämlich einen Alptraum und es ist sicher purer Zufall, dass es darin um ein ähnliches Thema ging …
In meiner Gegend gibt es einen BIO-Laden mit einem Komplettangebot an Lebensmitteln aus regionaler Herkunft. Eines Tages bietet ein Unbekannter dem Geschäftsführer dieses Ladens ein ganz tolles Geschäft an: Der Laden soll ein neues Wurstsortiment ins Sortiment aufnehmen.
Der Unbekannte verrät weder die Mischung der Zutaten noch die Herkunft des Fleisches. Das Fleisch kann bei der Jagd erbeutet worden sein, es können aber auch mal ein paar Hunde oder Katzen mit hineingeraten. Schlachtabfälle sind als Beimengung auch nicht vollständig ausgeschlossen.
Insgesamt sei es aber völlig legal, solche Wurst anzubieten, sagt der Großhändler. Alle Zutaten werden ultrahocherhitzt und entsprechen den strengen Auflagen des deutschen Lebensmittelrechts. Die Wurstpelle ist ein Hightech-Produkt aus der Nanotechnologie. Mit einem garantiert legalen Formulierungstrick kann man solche Wurst auch in einem BIO-Laden anbieten.
Würdet Ihr als Eigentümer des Ladens auf dieses Geschäft eingehen, wenn Ihr aus jeder Wurst 50% Reingewinn ziehen könntet?
75.000 Bücher aus einem Verlag
24. März 2011Das Dresdner Blog »Sehnsuchtsort« berichtet über einen Verlag »Books LLC«, der Informationen aus der Wikipedia drucken lässt und verkauft. Auf »Sehnsuchtsort« ist von etwas mehr als 5.000 Titeln im August 2010 die Rede. Ich hatte am Ende des Jahres 2010 ein ähnliches Erlebnis, als ich bei der Suche nach einem EDV-Fachbuch auf BetaScript stieß. Dieser Verlag bietet momentan 75.000 Titel via Amazon an. In der Wikipedia heißt es dazu (die Zahl ist dort noch auf einem alten Stand):
Die VDM-Verlage Alphascript, Betascript, Fastbook Publishing und Doyen Verlag sind darauf spezialisiert, derzeit rund 20.000 Wikipedia-Artikel als print-on-demand-Bücher über den Online-Buchhandel zu vertreiben. Diese Bücher werden weitgehend automatisch hergestellt und nicht inhaltlich überprüft. Diese Praxis zog im Frühjahr 2010 massive Kritik nach sich. Obwohl das von vielen Kunden als Irreführung empfundene VDM-Sortiment zu diesem Zeitpunkt 1/35 des gesamten Sortiments von Amazon.com ausmachte, sah der Online-Buchhändler keinen Grund zum Einschreiten.
Über das Selbstverständnis eines solchen Verlegers kann man in diesem Interview mehr erfahren — man sollte das nicht auf nüchternen Magen lesen.
Inzwischen ist es wohl noch viel schlimmer. BetaScript wurde weit abgehängt. Der Verlag Books LLC wird in der Suchfunktion bei Amazon mit über 300.000 Titeln gefunden.
Ergänzung 1: Ein Erlebnis aus der realen Welt will ich hier noch anfügen, ohne allerdings den Namen und den Ort des Ladens zu nennen. Die Verkäuferin in meinem Lieblings-Zeitungsladen hat mir neulich fassungslos ein solches BetaScript-Buch gezeigt. Sie hatte es zum Preis von 48 Euro für einen Kunden bestellt. Der Kunde hat das Buch dann natürlich nicht abgenommen, weil es ihm für diesen Preis viel zu dünn war. Der Kiosk ist auf den Kosten sitzengeblieben.
Ergänzung 2: Auch beim renommierten Großhändler Libri gibt es
tausende BetaScript-Titel und man muss sich wirklich fragen: Warum? Es kann dem Image des Buchhandels nur nachhaltig schaden.
Ein Tag der Offenen Tür im Hochwasserpumpwerk
23. März 2011Die Stadtentwässerung Dresden hatte gestern zum »Tag des Wassers« zu einem Besuch im Hochwasserpumpwerk eingeladen und auch am Abend kamen noch ziemlich viele Leute.
Die Führung begann mit einem Vortrag eines erfahrenen Meisters der Stadtentwässerung. Er hat sehr anschaulich und deutlich dargestellt, was ohne dieses Bauwerk bei Hochwasser und gleichzeitigem Starkregen passieren würde. Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadtwerke hatte dafür eine professionelle Präsentation mit Karten und Visualisierungen vorbereitet.
Man musste unwillkürlich an einigen Stellen an Tim Taylor aus der Serie Home Improvement denken, denn die Maschinen hatten alle »mehr Power« und die Mitarbeiter waren sehr stolz darauf. Es ist aber auch wirklich beeindruckend, wenn ein Dieselmotor mit fast 800PS gestartet wird.
Insgesamt konnte man den Eindruck gewinnen, dass uns jetzt auch bei einer Sintflut nichts mehr passieren kann, solange das Pumpwerk genügend Diesel hat.
Ein interessantes Detail des Vortrags war, dass es aus der Gartensparte gegenüber wohl anfangs Protest gegen das Bauwerk gegeben haben soll. Warum? Stört es die Sicht auf die Waldschlößchenbrücke?
Weitere Informationen zum Pumpwerk findet man auf der Website der Stadtentwässerung Dresden.
Eine Ausstellung im Botanischen Garten
20. März 2011Bitte hier entlang zur Ausstellung ;-) Den Rest des Beitrags lesen »
Das Sturmgeschütz der Demokratie
20. März 2011nannte man den SPIEGEL früher mal. Heute liest man auf SPON:
Nach dem Minusrekord vor vier Jahren – 44 Prozent Wahlbeteiligung – nun 53 Prozent. Das ist ein Erfolg für die Demokratie.
Nein. Das ist armselig!
SPD: Die Straße gehört dem Volk
18. März 2011Die Pressemitteilung der Dresdner SPD zum 13. Februar 2012 ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. Die SPD stellt sich darin die Frage
Wie kann es künftig gelingen, das Gedenken an 13. Februar 1945 so zu gestalten, wie es sich die Mehrheit der Bürger wünscht?
Auf diese Frage wüsste ich auch gern eine Antwort. Aber die SPD gibt mir keine. Ich weiß zwar, was die Mehrheit der Bürger sich nicht wünscht: extremistische Ausschreitungen, Hassparolen und Parteienstreit. Aber was die Mehrheit der Bürger sich wünscht, scheint mir doch sehr ungewiss zu sein.
Die Autoren Dr. Peter Lames und Christian Avenarius konstatieren zunächst eine Uneinigkeit der demokratischen Parteien. Sie verschweigen aber den wichtigsten Grund für die Uneinigkeit: es gibt demokratische Kräfte, die sich ganz entschieden von der Gewalt der Straße distanzieren und es gibt demokratische Kräfte, die das leider nicht in letzter Konsequenz tun.
Die SPD-Autoren sprechen zwar von einer schonungslosen Analyse, aber sie bleiben im Ungewissen. Sie erklären das Konzept der »weiten räumlichen Trennung der unterschiedlichen Demonstrantenlager« für gescheitert. Aber sie bieten kein besseres Konzept, sondern nur Sätze wie diesen:
Die Opfer, die vor allem den Bewohnern einzelner Stadtteile zugemutet werden, aber auch denjenigen, die friedlich gegen die Neonazis demonstrieren wollten, erscheinen im Nachhinein nicht gerechtfertigt.
Eine Passiv-Konstruktion ist hier gerade nicht angemessen. Wer mutet zu? Was wäre gerechtfertigt? Wie will man künftig das Gerechtfertigte durchsetzen und das Ungerechtfertigte verhindern? Das sind Fragen, die man nicht im Passiv beantworten kann.
Ein Kernsatz des SPD-Papiers ist:
Auch auf der Basis des geltenden Versammlungsrechts muss es möglich sein, eine große zentrale und friedliche Kundgebung der überragenden Mehrheit der Bevölkerung gegen die geschichtsverzerrenden Umtriebe der Neonazis in deren Hör- und Sichtweite durchzuführen.
Daran stören mich zwei Dinge. Zunächst das »Auch«: Was hat es in dieser Forderung verloren? Das Versammlungsrecht gilt. Basta. Es gilt für Rechte und für Linke. Es gilt für Fanatiker und Gemäßigte. Es gilt für Anständige und Unanständige. Das Versammlungsrecht geht von mündigen und friedlichen Bürgern aus, die sich unter freiem Himmel versammeln und ihre Meinung vertreten sollen.
Mich stört auch die Formulierung »in Hör- und Sichtweite«. Eine zentrale Kundgebung ist schon vom Ansatz her immer statisch. Es ist völlig unrealistisch, dass 20.000 friedliche Demonstranten in Hör- und Sichtweite eines Demonstrationszuges mit 2.000 friedlich demonstrierenden Rechten bleiben können. Es ist vollends illusorisch, dass sich unter diese beiden Gruppen keine Gewalttäter mischen. Somit wird mit der Formulierung »in Hör- und Sichtweite« immer die Gefahr einer Eskalation verbunden sein. Und deshalb ist diese Forderung falsch. Die SPD-Autoren führen aus:
Vielmehr müssen die Teilnehmer beider Versammlungen jeweils die andere Versammlung dulden, das heißt auch die Beschränkungen, die sich aus der Existenz der anderen Versammlung ergeben, insbesondere die Trennung beider Demonstrantengruppen auf engem Raum durch die Polizei.
Das ist sicher richtig, aber es steht im Widerspruch zu den Auftritten von SPD-Politikern im Jahr 2011 und in den Vorjahren. Dulden bedeutet nämlich, dass auch die Rechten ein Demonstrationsrecht haben, solange sie sich an die Gesetze halten. SPD-Politiker wie Wolfgang Thierse haben sich aber den Blockaden und der Parole »Dresden nazifrei« angeschlossen — und das hat nun gerade überhaupt nichts mit Duldung zu tun. Und die folgenden Sätze sind dann fast schon eine Ohrfeige für Herrn Thierse:
Gewalttätiger Missbrauch einer solchen Situation muss stets entschlossen unterbunden werden. Aber auch auf gewaltlose rechtswidrige Störungen einer Versammlung, z.B. durch eine verbotene Blockade, muss mit den Mitteln des Versammlungs- und Strafrechts reagiert werden. Solche Blockaden mögen für Einzelne, denen keinesfalls die Lauterkeit ihrer Motive abgesprochen werden soll, die angemessene Form des Protestes sein. Sie dürfen jedoch keine zentrale Bedeutung in der Strategie der Demokraten erlangen, weil deren Einvernehmen nur auf der Grundlage des geltenden Rechts hergestellt werden kann.
Ich schlage vor, dass die SPD-Autoren diese Selbstverständlichkeit mal den Grünen, den Linken und ihren eigenen Parteifreunden plausibel machen. Dann klappt es auch mit der Gemeinsamkeit der Demokraten. Dr. Peter Lames und Christian Avenarius hoffen:
Die Neonazis werden sich dann endgültig aus dem Staub machen, wenn ihnen die große Mehrheit der Dresdner sichtbar gegenübersteht.
Über die Mehrheitsverhältnisse gibt es wohl keinen Zweifel. Die Rechten haben bei den Wahlen etwa 5% erreicht und sie haben keine ersichtliche Chance auf mehr Stimmen. Aber die Meinungsfreiheit beweist sich genau dann, wenn auch Meinungen gesagt werden dürfen, die die Mehrheit nicht hören will. Und die Rechten werden sich ganz sicher in den nächsten Jahren nicht freiwillig »aus dem Staub machen«. Das ist ein frommer Wunsch.
Die Pressemitteilung der Dresdner SPD endet mit dem Ausruf »Dresden und seine Straßen gehören dem Volk!«. Das ist sehr missverständlich. Begriffe wie »Volk« und »Volksgemeinschaft« sind in beiden Diktaturen immer wieder missbraucht worden. Ich würde sie ganz sicher nicht verwenden, wenn es um die Demonstrationen zum 13. Februar geht. Gerade die Rechten führen das Wort »Volk« gern im Mund, wenn sie ihre demagogischen Parolen verbreiten.
Die Dresdner Straßen sind öffentlicher Raum. Der öffentliche Raum soll in einer Demokratie zur Meinungsäußerung dienen. In diesem öffentlichen Raum gibt es aber auch Stimmen, die nicht jeder hören will. Es gibt auch Gewalttäter, die andere zum Schweigen bringen wollen, Polizisten angreifen oder Wohnprojekte zerstören.
Die Dresdner SPD sagt nicht, wie sie mit diesen Problemen umgehen will. Und deshalb ist diese Pressemitteilung allenfalls ein erster Ansatz: Die Dresdner SPD könnte eine Brücke zwischen CDU/FDP und Grünen/Linken bauen. Wie belastbar diese Brücke ist, wird man 2012 sehen.
Knobelbechermusik
11. März 2011Wie ein Rockklassiker klingen kann, wenn sich die Band der Bundeswehr daran abarbeitet, kann man hier hören — da ist man ja noch froh, dass sich der ehemalige Verteidigungsminister nicht »Stairway To Heaven« gewünscht hat …
Eine üble Farce
10. März 2011Da unterhalten sich zwei Leute in einer Annahmestelle für staatlich zugelassene Sportwetten:
A: »Du kannst doch hier kein Glücksspiel machen, wenn du schon mit dem Geld vom Amt nicht klarkommst?«
B: »Aber das ist doch der einzige Weg, wie ich von Hartz IV runterkommen kann.«
Dieser Dialog soll von zwei Testkäufern gespielt worden sein. Dem Vernehmen nach soll die Annahmestelle den Wetteinsatz trotzdem entgegengenommen haben …
Auftraggeber der Testkäufer war nicht etwa eine Polit-Sendung der ARD oder ein Verbraucherschutzverein. Nein, der Auftraggeber war ein privater Sportwettenanbieter, der nachweisen wollte, dass es staatliche Wettunternehmen mit dem Schutz der Spieler nicht so genau nehmen. Ein Interview mit dem Anwalt dieses Anbieters ist im Lawblog zu finden. Von dort stammt auch der zitierte Dialog.
Der Glücksspielstaatsvertrag enthält einige warme und herzliche Worte zu den sozialen Auswirkungen des Glücksspiels:
Die Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen sind verpflichtet, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen. Zu diesem Zweck haben sie Sozialkonzepte zu entwickeln, ihr Personal zu schulen und die Vorgaben des Anhangs »Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht« zu erfüllen. In den Sozialkonzepten ist darzulegen, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll und wie diese behoben werden sollen.
Der einzige zugelassene Veranstalter öffentlicher Sportwetten ist der Staat. Denn nur der Staat kann gleichzeitig der Sucht vorbeugen und trotzdem am Glücksspiel Geld verdienen. Wer das nicht glaubt, darf zur Strafe nicht mehr mitspielen …
Es gab einige, die das nicht glaubten und sie suchten ihr Recht. Nun hatte der Europäische Gerichtshof über eine nationale Regelung dieses Staates zu entscheiden,
nach der die Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten ohne Genehmigung durch die zuständige Behörde verboten ist und mit strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen geahndet wird, die die Erlangung dieser Genehmigung wegen der Errichtung eines staatlichen Monopols aber praktisch unmöglich macht. (Quelle).
Die Leitsätze des Urteils sind interessant, weil sie die ganze Heuchelei rund um das staatliche Glücksspielmonopol aufdecken. Aber dieser Fall schlägt dem Fass den Boden aus. Man weiß wirklich nicht, in welche Richtung man sich zuerst übergeben soll.
Der private Sportwettenanbieter instrumentalisiert die Nöte der ALG-II-Empfänger für seine Zwecke und will damit den Staat bloßstellen. Es mag ein legitimes Anliegen sein, den Leuten private Sportwetten anzubieten. Aber es kann nicht gerechtfertigt sein, dafür solche Methoden anzuwenden.
Der Staat instumentalisiert die Probleme der Suchtgefährdeten, um sein Monopol auf Sportwetten möglichst lange zu erhalten. Aber zur gleichen Zeit zieht er natürlich auch von diesen Umsätzen Steuern ein und bietet Lotto-Spiele an, die noch viel mehr Suchtpotential als die Sportwetten in sich tragen. Er kann gar kein Interesse an Suchtgefährdeten haben.
Die Presse instrumentalisiert das Urteil, um daraus eine knallige Schlagzeile zu fabrizieren: Hartz-IV-Empfänger dürfen kein Lotto mehr spielen. Doch das Lottospiel war bisher überhaupt nicht Gegenstand des Urteils, es ging nur um Sportwetten. Allenfalls könnte man nach dem Buchstaben des Staatsvertrags auch Rückschlüsse auf das Lottospiel ziehen. Das steht aber nicht in den Schlagzeilen. Außerdem verdienen doch die Zeitungen über Anzeigen oder eigene Gewinnspielchen selbst am Glücksspiel mit.
Was für ein Klick!
8. März 2011Manchmal findet man bei SPON auch ein wahres Wort. In einem Artikel über die Gutti-Fans steht:
Die Antwort ist einfacher, als sie auf den ersten Blick scheint: Es ist ein weiter Weg von einem Klick zu politischem Engagement.
Da hat der Autor recht. Auf diese Stimmen kann man so wenig zählen wie auf die Ergebnisse jeder anderen Abstimmung im Web. Der zitierte Satz könnte übrigens auch auf Webseiten zutreffen, wo man nur einen Namen und eine Adresse in ein paar Felder eintragen muss, um einer Petition zuzustimmen …
Eine schiefrunde Perle an der Elbe
7. März 2011Unter diesem Titel veranstaltet das Landesmuseum für Vorgeschichte eine Führung durch das Japanische Palais. Man erinnert also die Gäste schon vor Beginn daran, dass die Architektur des Barock (von barocco) nicht zu allen Zeiten als schön und wohlgeformt angesehen wurde ;-)
Die Führung begann mit einer Anekdote: bereits der erste Hausherr soll einen Fluch auf das Gebäude gelegt haben, wonach es niemals fertiggestellt werden sollte. Aber dieser Fluch liegt ja auf vielen historischen Gebäuden und auf manch modernem Bauwerk …
Im Verlauf der Führung wurde dann die Geschichte des Hauses seit August dem Starken kurz erläutert. Wir sind dem Japanischen Palais unter das Dach gestiegen und konnten aus den Gauben das Panorama der Stadt sehen.
Es ist von dort oben ein etwas spezieller »Canaletto-Blick« und man kann kaum die Kamera halten. Aber es lohnt sich:
Im zweiten Weltkrieg wurde das Palais zum Teil stark zerstört, der Wiederaufbau zog sich bis Mitte der achtziger Jahre hin.
Die Teilnahme an der Führung kostet für Erwachsene drei Euro und für Kinder zwei Euro. Zeitiges Erscheinen ist zu empfehlen, denn die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die nächsten Termine sind auf dieser Seite zu finden.
Ein Fest in Blütenform
3. März 2011Das Bundesverfassungsgericht urteilt zur Meinungsfreiheit
2. März 2011Ein Absatz, den wir auch hier in Dresden lesen sollten. Manchem Einmal-im-Jahr-Empörten wird er nicht gefallen.
Wohlgemerkt, es geht um Meinungsäußerung und nicht um Gewaltausbrüche. Doch von der Meinungsäußerung schließt das Verfassungsgericht keinen Rechten und keinen Linken aus. Und in anderen Demokratien geht das Recht auf Meinungsäußerung noch viel weiter als bei uns.Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf. Unerheblich sind folglich Belästigungen Dritter, die darin liegen, dass diese mit ihnen unliebsamen Themen konfrontiert werden. Erst recht ausgeschlossen sind Verbote zu dem Zweck, bestimmte Meinungsäußerungen allein deshalb zu unterbinden, weil sie von der Beklagten nicht geteilt, inhaltlich missbilligt oder wegen kritischer Aussagen gegenüber dem betreffenden Unternehmen als geschäftsschädigend beurteilt werden. (Quelle: Urteil des BVerfG vom 22. Februar 2011.)