Vor langer Zeit schloss ein junger Kaufmann unbekümmert einen Pakt mit einem mächtigen Wucherer. Der junge Kaufmann gab dem Wucherer sehr viel Geld und bekam dafür wertvolle Güter. Doch um das Geschäft perfekt zu machen, musste der Kaufmann dem Wucherer noch ein ungewöhnlich hohes Pfand überlassen.
Der Kaufmann wusste zwar: Würde dieses Pfand eingelöst, dann wäre es sein sicheres Ende. Doch er vertraute auf sein Glück, stimmte zu und der Vertrag wurde nach Recht und Gesetz besiegelt.
Die Geschäfte des Kaufmanns liefen nicht so, wie sie sollten. Das Geld verlor seinen Wert, die Güter konnten nur mit Verlust verkauft werden, die Gläubiger wollten ihr Geld. Der Kaufmann musste gegen den Pakt verstoßen.
Nach der vereinbarten Zeit wollte sich der Wucherer sein Pfand holen: Mit dem Messer stand er vor der Tür des Gerichts und verlangte sein Pfund Fleisch aus dem Körper des Kaufmanns. Denn das war vereinbart und auf sein Recht wollte er nicht verzichten.
Doch der Richter entschied, dass es noch ein höheres Recht als diesen Vertrag geben kann: Wenn mit dem Pfand auch der Kaufmann stirbt, dann muss sich der Wucherer mit einer Entschädigung zufriedengeben. Der Kaufmann zahlte nicht mit seinem Leben, der Wucherer bekam seine Entschädigung.
Die Ähnlichkeiten dieser kleinen Geschichte mit einem politischen Vorgang in Dresden und einem Stück von Shakespeare sind rein zufällig. Aber trotzdem — ganz ins Zufällige gesprochen: Mit Geschäftspartnern sollte man immer so umgehen, dass man nachher nicht wie ein Shylock dasteht … Auch, wenn man auf dem Papier ganz und gar Recht zu haben glaubt.
Hmm, ne Anspielung auf den WOBA-Fortress-Gagfah-Komplex, Stefan? ;)
Ja. Und ich freue mich, dass es doch noch einer gemerkt hat ;-)
Ich wohne ja nicht bei der WOBA. Aber es scheint mir im Sinne (wirklich) aller Seiten zu sein, dass man sich im Schiedsverfahren einigt. In diesem Sinne wünsche ich einen klugen Richter, so wie im »Kaufmann von Venedig«.
Schick den Blog-Link doch mal zu Herrn Lohmeyer von der FDP ;) … der war ganz begeistert vom Verkauf usw. usf. ;)
Es geht ja heute nicht mehr darum, ob jemand begeistert war oder nicht. Es gab eine demokratische Mehrheit für den Verkauf. Der Käufer hat sehr viel Geld bezahlt.
Fakt ist, dass alle Parteien auf der Basis der neuen Situation Haushaltspolitik betrieben haben. Dresden war eine weitgehend schuldenfreie Stadt und das weckte viele Begehrlichkeiten.
Insgesamt bleibe ich, unabhängig von Herrn Lohmeyer, bei der Auffassung, dass die Stadt sich mit der GAGFAH friedlich einigen sollte. Rechtsstreitigkeiten, bei denen eine Seite zerstört werden soll, fallen immer auch auf die andere Seite zurück.
Sollten CDU und FDP auch für eine Schlichtung sein, nehme ich das einfach als gegeben hin ;-)
Eine friedliche Einigung wollen eigentlich immer alle … nur wenn die diplomatischen Mittel versagen, wird Krieg als Alternative in Betracht gezogen. In der Welt(geo)politik sind’s militärische Kriege, im lokalen Bereich Justizkriege … in einer Ehe nennt man das häufig Rosenkrieg ;)
Apropos Demokratie & Mehrheit … du verwendest das Wort ja recht häufig. In dem Fall war es eine Mehrheit im Stadtrat, also m.E. eine parlamentarische Mehrheit.
Der Schluss, dass die Volksmeinung sich immer gleich im Parlament widerspiegelt, ist eine notwendige Generalisierung – sonst könnte man einen 500.000-Mitglieder Stadtrat in DD bilden ;)
Da das natürlich nicht geht, wird aus der Volksdemokratie eine parlamentarische Demokratie … mit allen Vor- und Nachteilen. Und das dabei schräge Dinge rauskommen können … nun, you can name it ;)
Ein kleiner Schwenk deshalb zu einem Zitat von Martin Luther King, ohne dass ich dabei den WOBA-Dresden-Fall in die Nähe der Politik von Hitler stellen will (!) …
„Never forget that everything Hitler did in Germany was legal.“
Worauf ich hinaus will, ist, dass man auch mit legalen Mitteln eine Stadt (finanziell) „an die Wand“ fahren kann ;)
Die WOBA-Wohnungen wurden m.E. auch unter Wert verkauft, einfach mal die 1,75 Mrd. durch die 47.000 (?) Wohnungen teilen … naja, vielleicht war Sommerschlussverkauf mit Mengenrabatt ;)
Noch ne witzige Sache … kurz gegoogelt und was bzw. wen finde ich da?
Der frühere BA-Arbeitsämter-Chef Florian Gerster (übrigens Bruder von ZDF-Mona-Lisa Petra Gerster, was jedoch hier nichts zur Sache tut ;)) hat da kräftig mitgerührt … siehe Die Stadt Dresden, die Heuschrecken und der Goldfinger Florian Gerster
Wenn man sich mit Florian Gerster beschäftigen wöllte, bräuchte man allein für’s Googeln einen Tag ;) … ich fand ihn mal vor ein paar Jahren bei der „Deininger Unternehmensberatung“ mit einem flotten Spruch (offenbar wieder aus dem Netz genommen – ach, wenn man nicht von allem sofort nen Snapshot macht ;))
Letztlich läuft darauf hinaus, was der Kölner Autor Werner Rügemer schon seit Jahren publiziert – ich habe ihn 2003 mal im Zusammenhang mit dem Thema „Cross Border Leasing“ kennengelernt … ähnlich haaresträubend wie der WOBA-Verkauf, nur langfristiger. Ich empfehle jedem gern das Buch „Die Berater“, mit Beiträgen von ihm und diversen Kennern (auch „Aussteiger“) aus der Szene.
Wer das Buch an einem Tag durchzulesen vermag, bekommt von mir einen Kasten Bier ;) … den brauch er (oder sie) auch zum „Wieder-Runterkommen“ :)
Achja, der Herr Lohmeyer … ich bezog mich auf diesen Kommentar auf deinem Blog von mir vom 21.März 2011 bzw. die Geschichte … hmm, vielleicht sollte ich ihm besser die Geschichte schicken, war ja mein Erlebnis ;)
[…] Ich habe von Anfang an gesagt, dass die Stadt durch ein kompromissloses Handeln nur verlieren kann: Bei einer Niederlage wären immense Summen für den Rechtsstreit fällig gewesen. Bei einem Sieg wäre die Gagfah buchstäblich zerstört worden. Auch wenn man sich im Recht sieht: Man kann gewinnen und gleichzeitig alles noch schlimmer machen als zuvor. […]