Der Sprachforscher Martin Haase hat in einem Vortrag auf dem CCC eine typische Sprachschablone aus der Politik untersucht. Wer könnte die folgenden Sätze gesagt haben?
Nichts ist einfach in Afghanistan, und vieles ist noch nicht so, wie es sein soll. Ich fürchte, vieles wird auch schwierig bleiben. Aber am Ende dieses Jahres, nach der Bonner Konferenz, bin ich überzeugt: Wir sind mit unserem Einsatz und mit der neuen Partnerschaft auf dem richtigen Weg. Wir eröffnen Afghanistan die Chance auf eine friedliche und freie Zukunft im Interesse der Menschen dort und im Interesse der Sicherheit hier.
Nun könnte man den Satz auf jedes Konflikt-, Katastrophen- oder Krisengebiet dieser Welt übertragen. Man fügt zwei Variablen ein: die erste anstelle Afghanistans und die zweite anstelle der Bonner Konferenz.
Die Variable Region könnte mit Abchasien, Afghanistan, Ägypten, Äthiopien […] belegt werden. Die Variable Veranstaltung kann ersetzt werden durch »Geberkonferenz«, »Klimagipfel«, »G8-Treffen« oder »Koalitionsverhandlungen«. So austauschbar ist das.
Die zitierten Sätze sind übrigens von Guido Westerwelle, aber hätte sich jetzt jemand gewundert, wenn sie von Angela Merkel oder Frank-Walter Steinmeier gesagt worden wären? Problematisch wird es dann, wenn die Medien solche Sprachschablonen kritiklos kopieren und einfügen; eine entsprechende Google-Suche zeigt denn auch das Erwartete …
War Westerwelle eigentlich jemals nicht überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein?
Es kommt vielleicht darauf an, zu welcher Zeit er unter welchem Einfluss gestanden hat. Mit dem Regierungswechsel 2009 hat Guido Westerwelle offenbar das erlebt, was man als Peter-Prinzip bezeichnet: Er hatte zwei Ämter inne, die ihn persönlich überfordert haben.
Ergänzung: Diese Überforderung habe ich in der Zeit vor dem Regierungswechsel so nicht wahrgenommen. Es gab mehrere Phasen in seiner Entwicklung und in einigen war er jedenfalls ein besserer Politiker als heute.