Wahlkampf in der BUNTEn

Die F.A.S. gibt uns Männern jeden Sonntag einen kleinen Einblick in die Welt der ganz speziellen Frauenzeitschriften — mit ironischer Distanz und immer sehr unterhaltsam. Nur selten verirrt sich eine Meldung aus der Politik in die Rubrik »Herzblatt-Geschichten«.

Doch in NRW wird am kommenden Sonntag gewählt und da zählen natürlich auch die Stimmen der Leserinnen dieser Herzblätter. Also hielt es die CDU für richtig, ihren Spitzenkandidaten Norbert Röttgen in der Zeitschrift BUNTE zu positionieren.

Soweit man das aus der Ferne beurteilen kann, hat die Zeitschrift BUNTE journalistisch völlig unabhängig gearbeitet und investigativ recherchiert. So unabhängig und investigativ, dass die CDU den Beitrag direkt auf ihrer Wahlkampf-Website einsetzen konnte.


Aber das ist noch nicht die Pointe. In den »Herzblatt-Geschichten« erfahren wir nämlich von Ebba Röttgen via BUNTE, was wir über Norbert Röttgen immer schon wissen wollten:

Mein Mann hinterfragt übrigens jeden Punkt meiner Einkaufsliste, ob das denn wirklich alles notwendig ist.

Die F.A.S. kommentiert süffisant:

Das mag jetzt nicht sehr sympathisch und recht knauserig klingen, ist aber in Zeiten klammer NRW-Kassen subtilste Wahlwerbung für den Gatten.


An dieser Stelle legte ich gestern die Zeitung weg, ging ins Arbeitszimmer und suchte bei Google nach Ebba und Norbert Röttgen. Das konnte unmöglich alles gewesen sein. Oft ist so ein Zitat subtil (subtilst?) aus dem Zusammenhang gerissen und man findet in der Nachbarschaft etwas noch Groteskeres. Frau Röttgen im O-Ton:

Mein Mann hinterfragt übrigens jeden Punkt der Einkaufsliste, ob das denn wirklich alles notwendig ist. Letztendlich kauft er dann aber doch alles … 

Treffer.


Fassen wir den Verwertungskreislauf kurz zusammen: Die Volkspartei initiiert eine herzergreifende Home-Story in einer bunten Publikumszeitschrift. Die Zeitschrift produziert diese Home-Story. Das fertige Produkt wird auf der Kampagnen-Website der Partei ausgiebig zitiert.

Dabei schafft die CDU ein besonderes Kunststück der politischen PR: Der Kandidat wird im ersten Satz als sparsam und im zweiten Satz als großzügig beschrieben. Das ist vermutlich optimal für solche Wählerinnen und Wähler, die sich immer nur einen Satz gleichzeitig merken können.


Zum Abschluss noch ein Bonbon für Freunde der politischen Blähsprache. Die Überschrift auf der Website der NRW-CDU lautet:

Ebba und Norbert Röttgen gemeinsam im Gespräch mit der BUNTEN.

Merke: Im Wahlkampf muss man in jeder Situation das Wort »gemeinsam« verwenden, auch wenn es sich eigentlich von selbst versteht.

Vermutlich ist die ganze Aktion als subtil(st)e Wahlwerbung für die anderen Kandidaten angelegt und ich habe es nur noch nicht gemerkt.


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One Response to Wahlkampf in der BUNTEn

  1. […] beiden Ehemänner gehabt haben. Manchmal geht es fürchterlich schief: Norbert Röttgen konnte auch ein beherzter Einsatz seiner Frau nicht mehr […]

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