Der Fall wurde ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt und plötzlich werden sie alle kreativ: Eine sächsische Lokalzeitung widmet Uli Hoeneß eine ganze Seite. Mehrere Talkshows befassen sich mit dem Fall. Selbst der linke Spiegelfechter ringt sich eine verkrampfte Satire ab. Und eine linke Propagandaseite fabuliert:
Die Einschläge im Milieu der Regierungsparteien werden heftiger.
Gab es in diesem Land irgendwann einmal so etwas wie Datenschutz? Persönlichkeitsrechte? Die Unschuldsvermutung? Die Würdigung aller Umstände vor Gericht? Der Fall Uli Hoeneß gehört genau dann in das Licht der Öffentlichkeit, wenn Anklage erhoben wird und wenn der Fall öffentlich verhandelt wird.
Diese Überschrift über einer Talkshow-Kritik in der F.A.Z. trifft es sehr gut:
Wir wissen nicht viel – reden wir doch mal drüber
Zitat aus der Frühkritik:
Nein, man war wirklich nicht neugierig auf die Gratismoral einer Renate Künast, die dann nichts, aber auch gar nichts sagte, was man nicht hätte absehen können und was nicht jeder Sprechautomat mühelos hervorgebracht hätte, den man auf Künast-Speak programmiert hätte.
Eine Selbstanzeige bedeutet: Der Steuerpflichtige zahlt alle Steuern nach. In der Größenordnung des Herrn Hoeneß käme außer den anfallenden Zinsen noch ein Aufschlag von fünf Prozent hinzu.
Wenn der Fall unter das Steuerabkommen mit der Schweiz gefallen wäre, hätte Herr Hoeneß nach Einschätzung des Kollegen Rayson zwischen 21% und 41% des gesamten Kontobestands an den Staat abgeführt. Das hätte Hoeneß ja dem Vernehmen nach getan, wenn das Steuerabkommen in Kraft getreten wäre.
Keine Frage: Steuerhinterziehung muss sanktioniert werden. Aber sie wird heute in der Öffentlichkeit teilweise als schweres Verbrechen hingestellt – und das ist nicht angemessen. Ich finde es erschreckend, wie sich die Maßstäbe verschieben. Es geht hier nur um Geld. Es geht nicht um Menschenleben und es geht auch nicht um die Opfer von Gewalttätern.
Wenn ein LKW-Fahrer auf einer Straßenkreuzung beim Rechtsabbiegen fahrlässig einen Menschen totfährt, wird das in der Regel mit einer eher symbolischen Strafe sanktioniert und der Fahrer geht dafür nicht ins Gefängnis, obwohl er Schuld am Tod eines Menschen trägt. Wenn hunderte Extremisten die Polizei mit massiver Gewalt angreifen, wird in den seltensten Fällen ein Täter zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt.
Auch wenn meine Meinung heute unpopulär erscheint: Steuerhinterziehung sollte nicht mit Freiheitsstrafe geahndet werden, sondern mit harten finanziellen Auflagen. Ich würde den Steuerpflichtigen nach der verzinsten Nachzahlung zunächst zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilen. Während einer Bewährungszeit würde ich ihm außerdem einen Aufschlag auf seine normale Einkommenssteuer auferlegen. Und jährlich eine verschärfte Steuerprüfung.
Dabei käme für den Staat eine erhöhte Steuerzahlung heraus, der Steuerpflichtige würde finanziell zur Verantwortung gezogen, er müsste mehrere Jahre mit den Konsequenzen seiner Tat leben, und die abschreckende Wirkung sollte hoch genug sein.
Warum würde ich das so einstufen? Ein Geld-Delikt sollte auch mit Geld wiedergutgemacht werden. Ein schweres Gewaltdelikt sollte dagegen mit einer Freiheitsstrafe belegt werden. Gleiches mit Gleichem: Der Gewalttäter wird unter Androhung von Gewalt in einem Gefängnis eingesperrt und muss sich dort mit seiner Tat auseinandersetzen. Die Resozialisierung eines Gewalttäters muss auf einer ganz anderen Ebene stattfinden als die Resozialisierung eines Steuerhinterziehers.
Im Fall einer fahrlässigen Tötung im Straßenverkehr könnte ich mir übrigens am ehesten einen grundsätzlich offenen Vollzug vorstellen. Während dieser Zeit sollte ein Schadensersatz oder Schmerzensgeld für die Hinterbliebenen erarbeitet werden. Danach sollte der Fahrer als nicht vorbestraft gelten.
Noch ein Nachsatz: Uli Hoeneß hat wohl insgesamt immer noch mehr für das Land geleistet, als die meisten seiner Kritiker. Ich finde es trotzdem einfach nur lächerlich, unter permanenter Angst vor Entdeckung in der Schweiz viel Geld zu bunkern, statt es hier im eigenen Land zu investieren. Ich könnte mir spontan ein Dutzend Möglichkeiten vorstellen, mit denen beiden Seiten besser gedient gewesen wäre: dem Investor und dem Gemeinwesen …