Demütigung Spaniens? Deutsches Finale?

Wir haben gestern ein weitgehend faires und sportliche Fußballspiel gesehen. Bayern hat klar gewonnen. Nach dem Spiel sprachen plötzlich auffallend viele Kommentatoren im Fernsehen und im Netz von einer Demütigung Barcelonas. Die ZEIT twitterte:

Die wahre Demütigung folgte gar erst im Rückspiel: Bayern siegt in Barcelona 3:0. Deutsches Finale am 25. Mai in Wembley.

Meine Wörterbücher bieten mir zur Demütigung die Synonyme Erniedrigung, VeräŠchtlichmachung, Herabsetzung und Herabwürdigung an. Solche Ausdrücke würde ich wählen, wenn die Sieger nach dem Spiel in Gesten oder Worten gegen die Regeln der Fairness verstoßen hätten.

In einem fairen sportlichen Wettbewerb kann es keine Demütigung geben. Es kann bittere Niederlagen geben – Barcelona hat ja selbst vielen Mannschaften solche Niederlagen zugefügt. Sie haben gegen die Gegner in der spanischen Liga mehr als hundert Tore geschossen und einen großen Vorsprung vor allen Gegnern – ein unglaublicher Leistungsunterschied.

Mit dem Wort Demütigung sollte man aber sehr sorgsam umgehen. Es gibt genügend andere Anlässe, es zu gebrauchen.


Rayson hat gestern auf Twitter noch einen anderen Aspekt des Spiels hervorgehoben: Es ist kein deutsches Finale, sondern nach der Zusammensetzung der Mannschaften eigentlich ein europäisches:

Übrigens: So deutsch sind die beiden Teams gar nicht. Eher gut europäisch. Privat allokierte Vielfalt bringt europäische Stärken hervor.


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10 Responses to Demütigung Spaniens? Deutsches Finale?

  1. Muriel sagt:

    Ich zum Beispiel würde mich als Fußballer von dem 3:0 unter Umständen durchaus gedemütigt fühlen, von eventuellen feindseligen Äußerungen der anderen Mannschaft hingegen gar nicht.
    Jeder Jeck ist anders.

    • stefanolix sagt:

      Gut, dann bleibt aber noch die Frage, ob die Bayern das beabsichtigt haben: das wäre der Unterschied zwischen »demütigen« (aktiv) und »sich gedemütigt fühlen« (passiv). Ich unterstelle: Profis wollen siegen, nicht demütigen.

  2. Rayson sagt:

    Es sind die Umstände, die zur Demütigung führen. Wären hier irgendwelche Mannschaften aufeinander getroffen, hätte auch ein 0:3 keine solche bedeutet. Aber wenn die Mannschaft, die bis vor kurzem noch als unerreichbarer Maßstab galt und ihrerseits die Gegner hoch überlegen abzufertigen pflegte, chancenlos und mit deutlichem Torverhältnis wie eine unterklassige Mannschaft unterliegt, dann kommt man an der Demütigung nur schwer vorbei.

    • stefanolix sagt:

      Bayern braucht aber vor dem nächsten Spiel auch eine gewisse Demut. Im Grunde wissen sie, dass die beiden Siege auch mit jeweils 2:0 oder 2:1 noch gerecht gewesen wären. Ein guter Teil Glück war nämlich auch dabei.

  3. Als Politiker sind mir Demütigungen bestens vertraut. Es gibt Kandidaturen auf Parteitagen, wo der Kandidat auch ohne Gegenkandidaten grottenschlecht abschneidet. Und es gibt Wahlergebnisse, mit denen der Wähler gleich eine ganze Partei demütigt. Und beides meistens zu Recht.

    Sport ist aber nach wie vor für mich das Synonym für Leichtigkeit und Spiel. Da gewinnt man mal nach Tagesform, oder aber auch nicht. Und wenn man mal nicht gewinnt, nimmt man das sportlich. Da eine Demütigung hinein zu interpretieren, führt den Geist des Sports ad absurdum.

    • stefanolix sagt:

      Es dürfte klar sein, dass sich Barcelona nach dem Spiel ganz mies gefühlt hat. Meinetwegen: gedemütigt. Aber andererseits sind sie Profis und wissen, dass das Verlieren zum Fußball gehört.

      Auf jeden Fall halt ich es für absurd, dem FC Bayern eine aktive Demütigung unterstellen zu wollen. Das mag es bei extrem verfeindeten Mannschaften geben, aber dann zählt es nicht mehr zum Sport.

  4. Antifa sagt:

    Der Artikel taugt echt zur Realsatire.

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