Warum ich gegen die Petition zum Braunkohlentagebau Nochten bin

Heute Morgen gab es eine interessante Debatte unter Dresdner Twitterern. Ausgelöst wurde sie durch die Frage:


Ich habe geantwortet:

Wir brauchen sichere (24 Stunden / Tag verfügbare) Energie. Wir stehen in Konkurrenz mit Nachbarn, die sichere Energie haben.

Wenn man die Begrenzung auf wenige Zeichen berücksichtigt, ist damit schon die Grundlage einer wirtschaftlich nachhaltigen Energiepolitik umrissen.


Das EEG ist das Gegenteil einer nachhaltigen Energiepolitik: Durch die reine Einspeise-Vergütung ohne Rücksicht auf den realen Bedarf entfällt die Notwendigkeit, wirksame Speicher zu entwickeln und zu nutzen. Das EEG ist das anschauliche Beispiel für einen gravierenden Eingriff in den Markt mit den denkbar falschesten Anreizen.

Resultat dieser falschen Anreize sind wirtschaftliche Verluste für die Volkswirtschaft und ein Verlust an Freiheit für jeden Einzelnen. Dabei ist es übrigens völlig belanglos, ob einige Unternehmen von der Umlage befreit sind. Im ÖPNV würde sich die Abschaffung der Befreiung z. B. sofort auf die Fahrpreise auswirken. In anderen energieintensiven Branchen würden die Unternehmen aus dem Land getrieben.


Diese Petition und andere Aktionen gegen den Braunkohlenabbau werden durch die EE-Lobby unterstützt. Die EE-Unternehmen sind naturgemäß für ein Verbot der Energiegewinnung aus Steinkohle, Braunkohle und Erdgas: Sie sehen ihre kurzfristigen und mittelfristigen Profite aus den Zwangsabgaben der Bürger gefährdet.

Die Lobby der großen Energiekonzerne ist dagegen für ein Weiterbestehen des Braunkohlenabbaus und eine (relativ geringe) Erweiterung der Tagebau-Gebiete. Selbstverständlich muss man den großen Energiekonzernen dabei auf die Finger schauen: Die Einhaltung von Umweltauflagen und die Renaturierung der Braunkohlen-Gebiete sind unabdingbare Voraussetzung für die Akzeptanz des Braunkohlenabbaus. Dafür wird heute viel mehr getan als in der DDR-Zeit.


Ich kenne die harte Arbeit im Braunkohlentagebau von früher: So wie viele andere Soldaten im Grundwehrdienst habe ich dort in den Wintern 1986/87 und 1987/88 mit geholfen. Bei -20°C haben wir Bänder und Verlade-Trichter vom Eis und von angefrorener Rohbraunkohle befreit.

Wir haben damals auch geholfen, einen kleineren Bagger zu versetzen: Vor dem Bagger wurden Schienen verlegt, dann rückte der Bagger ein Stück vor – und dann wurden die Schienen von hinten nach vorn transportiert, um sie wieder neu zu verlegen.

Das war härteste körperliche Arbeit bei bitterer Kälte. Vermutlich wird man heute bessere Technik einsetzen, aber in sehr harten Wintern dürfte es bis heute kein Kinderspiel sein.


Ich habe in der DDR-Zeit den Eingriff in die Umwelt gesehen – einen Eingriff, der für das Funktionieren der Energieversorgung in der DDR lebenswichtig war. Ich war auch auf den Truppenübungsplätzen in der Braunkohlengegend und kenne die Natur dieser Landschaft in mehreren Zuständen. Deshalb sehe ich einen großen Unterschied zur heutigen Zeit:

Heute gibt es Umweltauflagen und Kontrollen – sowohl beim Abbau als auch in den Kraftwerken. Heute wird schon bei der Planung des Abbaus bis zum Renaturieren der Tagebaue weitergedacht. Heute wird eine Gesamtbilanz aus Kosten und Nutzen aufgestellt. Der größte Nutzen: Unsere Wirtschaft hat mit einem gesunden Mix mehrerer Energieträger eine stabile und wirtschaftlich effiziente Energieversorgung. Zu den Kosten zählt eben auch die Renaturierung und die Umsiedlung einiger weniger Menschen.


Aber Energie werden wir nie ohne Eingriffe in die Natur gewinnen können. Es kommt immer auf die Gesamtbilanz an: Wie effizient, wie stabil, wie nachhaltig ist unsere Energieversorgung? In dieser Hinsicht stehen die hochmodernen Braunkohlenkraftwerke nicht schlecht da.

Der wissenschaftliche und technische Fortschritt hat dazu geführt, dass z. B. der Feinstaub-Ausstoß aus den Kohlekraftwerken drastisch reduziert wurde. Er ist nach mehreren Filterstufen kaum noch messbar und somit in der Gesamtbilanz nicht mehr relevant. Deshalb protestieren die EE-Lobbyisten am meisten gegen die modernen Kraftwerke, die noch eine Laufzeit von 30 Jahren haben. Darin sehen sie die größte Gefahr für ihre eigenen Geschäfte.


Die erste Antwort des Petitions-Befürworters war übrigens das klassische Totschlag-Argument des Jahres 2013:

Komme mir bitte nicht mit diesen AfD-Argumenten, auf diese Diskussion habe ich keinen Bock. Danke.

Ich bewundere ja jeden, der mit so einfachen Antworten leben kann. Fairerweise sei hinzugefügt: Später wurde die Diskussion dann deutlich besser.



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16 Responses to Warum ich gegen die Petition zum Braunkohlentagebau Nochten bin

  1. Norbert sagt:

    Also ich hab die Petition unterschrieben. Und ich will sagen, warum:
    Braunkohle ist langfristig kein Ansatz für eine kluge Energiepolitik. Die unflexiblen Kohlekraftwerke lassen sich nicht regeln. Weitere Tagebaue aufzumachen, die über das Jahr 2030 hinaus Kohle liefern (und um nichts anderes geht es in der Petition!), bedeutet, die Unflexibilität fortzuschreiben.

    Ich empfinde es zudem als Affront, dass Sachsen seine Kohle ohne Förderzins abgibt und die Lasten wie durch die braune Spree uns noch 100 Jahre und mehr beschäftigen wird. Seen gibt es inzwischen in der Lausitz genug, noch mehr Löcher mit rutschenden Hängen werden die Region nicht voranbringen. Vielmehr braucht es HEUTE eine Diskussion um die Zukunft der Region. Und diese Diskussion muss (dummerweise?) anhand der Kohle geführt werden, weil die Kohle die ganze Region dominiert: Landschaftlich, politisch, ökonomisch.

    Von der Frage der CO2-Tragfähigkeit der Atmosphäre haben wir da noch gar nicht gesprochen. Alle stammeln von „Klimaschutz“, aber dass konsequenterweise irgendwo auf dem Planeten Kohlenstoff im Boden bleiben muss, um die CO2-Konzentration zu begrenzen, wird leider selten thematisiert. Die Dresdner tun gut daran, diese Begrenzung vor der eigenen Haustür einzufordern und zu sagen: Kohle muss im Boden bleiben. Stattdessen sollten wir versuchen, der Region auf die Sprünge zu helfen, beispielsweise mit Methanisierungsanlagen auf Basis Erneuerbarer. Technisch alles da, es ließen sich vermutlich ganze Lausitzer Kommunen mit EE versorgen und Methan als Pufferspeicher einsetzen. Leider gibt es jedoch noch ein paar kohlige Pfründe zu erhalten, weshalb solche Ideen als „utopisch“ eingestuft werden.

    • stefanolix sagt:

      Im Gegenteil: Braunkohle ist Teil einer klugen Energiepolitik. Ohne Braunkohle wären wir noch mehr von den ineffizienten und nur zeitweise verfügbaren »erneuerbaren« Energiequellen abhängig.

      In dieser Gegend wird seit Jahrzehnten Kohle abgebaut und es wird seit Jahrzehnten damit Wohlstand geschaffen. Wenn man es sogar geschafft hat, die Hinterlassenschaften des weit rücksichtsloseren DDR-Bergbaus in Seenlandschaften zu verwandeln, dann wird der (vergleichsweise kleine) Rest auch noch renaturiert werden. Ich gehe davon aus, dass man heute schon bei der Planung des Abbaus gleich etwas weiter vorausschaut.

      Die Menge an CO2, die durch die Verbrennung frei wird, ist im Weltmaßstab gering. Wir müssen unsere Wirtschaft nicht mit Gewalt kaputt machen – andere Staaten bauen schließlich auch fleißig Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke, wenn sie Energie brauchen.

      Die Solar-Industrie war volkswirtschaftlich ein gigantisches Verlustgeschäft: für die entlassenen Mitarbeiter der Unternehmen, für die meisten Kleinanleger, für die Gläubiger und für die Steuerzahler. Gelohnt hat es sich nur für ganz wenige »Sonnenkönige« und für die Insolvenzverwalter.

      Niemand hat der deutschen Wirtschaft nennenswerte Mengen an Solartechnik abgekauft – im Gegenteil: Unser eigener Markt wurde mit billigen Modulen aus Fernost überflutet. Mit diesen Erfahrungen musste ich das Stichwort »Methanisierungsanlagen« noch nicht mal googeln, um zu wissen, dass es sich nicht lohnen wird. Aber hier sind die Widersprüche schön dargestellt:

      http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-09/power-to-gas/seite-2

      Da wird ein ineffizientes Verfahren (Solarstromerzeugung in einem Land mit vielen sonnenarmen Tagen) mit einem weiteren ineffizienten Verfahren (»Methanisierung«) verbunden. Die schlechten Wirkungsgrade werden in der Physik bekanntlich multipliziert …

      Möglicherweise wird man in den nächsten Jahren auch noch Methoden finden, das CO2 zu binden oder zu verpressen. Oder man wird eine andere Verwendung dafür finden. Aber selbst wenn es bei der Verbrennung wie bisher frei werden sollte: Die Chance auf einen weiteren Braunkohlenabbau darf nicht verspielt werden.

      • Frank sagt:

        Beim ersten Lesen habe ich doch glatt Deinen Hinweis auf den Artikel in der ZEIT übersehen – da wird ja auch dieser Unfug erwähnt, dass man zwischen gutem und falschem CO2 unterscheidet. Und wenn ich da schon lese, dass gutes CO2 ausgerechnet aus Biogasanlagen stammen soll … Diese Methode halte ich für noch viel falscher als Kohleverbrennung, u.a. da man für Biogasherstellung pro erzeugter Energiemenge eine viel größere Landschaftsfläche ökologisch blockiert als mit Kohleabbau.

  2. Frank sagt:

    @Stefanolix: Nochten ist für mich ein schwieriges Thema, bei dem ich wieder einmal völlig zwischen den Stühlen sitze. Ich bin auch nicht begeistert über die damit verbundene Landschaftszerstörung, mir ist aber klar, dass der Strom irgendwoher kommen muss. Darüber hatte ich vor kurzem selbst einen Artikel verfasst.

    @ Norbert: „Die unflexiblen Kohlekraftwerke lassen sich nicht regeln“ – sehr witzig. Die Wind- und Solaranlagen, deren ständig wechselnde Energieproduktion von den Betreibern der Kohlekraftwerke mit ausgeglichen werden muss, lassen sich ebenfalls nicht regeln. Zumindest könnten sie zwar in den Zeiten, wo sie Strom liefern, Regelleistung vorhalten indem sie z.B. nur 80 – 90% der momentan verfügbaren Leistung abgeben und so nach oben kurzfristige Reserven hätten, aber sie müssen das gar nicht tun, sondern sind von dieser Aufgabe entbunden.

    Weiterhin wäre mit modernen Anlagen in Kohle-KW durchaus eine schnelle Regelung möglich, wenn ein entsprechender Umbau nicht behindert würde.

    Dass „die Kohle die ganze Region dominiert: Landschaftlich, politisch, ökonomisch“ ist richtig, allerdings sind manche der Einwohner allen Ernstes froh darüber, weil sonst eben gar nichts dort wäre, wovon man leben könnte.

    Die von Dir vorgeschlagene (und auch von mir als interessant gesehene) Methanisierung, also diese power-to-gas-Techologie könnte ausgerechnet sehr gut mit verringerter CO2-Emission zusammenpassen, denn für diesen Prozess, aus elektrischer Energie über Elektrolyse Methan zu gewinnen, benötigt man CO2. Man steht dort vor dem Problem: Wo bekommt man ausreichend CO2 her? Der Witz an der Sache ist, dass Betreiber von Kohle-KW beim Aufkommen dieser Idee sofort angaben, dieses CO2 liefern zu können. In ausreichender Menge. Das wird allerdings nicht so gern gesehen, denn dieses CO2 ist ja böses CO2. Kein Witz. Man unterscheidet gutes und schlechtes CO2, obwohl es sich um dieselbe chemische Verbindung handelt.

    Übrigens scheint power-to-gas wirklich einen ziemlich schlechten Wirkungsgrad zu haben, man schätzt ihn zwischen 30 – 40%. Das bedeutet, dass sich zwei von drei Windrädern praktisch umsonst drehen würden, wenn man das Ergebnis betrachtet (bei Pumpspeicherwerken ist es immerhin nur eins, was umsonst läuft). Allerdings halte ich die Methode trotzdem für interessant, weil sie den Netzausbau komplett überflüssig machen könnte (man könnte so einfach in Norden Strom erzeugen, wenn gerade Wind weht, daraus Methan erzeugen und in das deutsche Gas-Verbundnetz einspeisen und daraus dann in Gaskraftwerken dort und dann Strom erzeugen, wenn man ihn braucht).

  3. Norbert sagt:

    @Frank, Stephanolix: Ich denke, man muss die Energiewende vom Ende her denken. Keine Energiewende zu denken ist unsinnig: Bislang basiert der Großteil unserer Energieversorgung auf fossilen Energieträgern, die allesamt endlich sind. Wir brauchen also einen Transformationsprozess, der uns zu einem Energieversorgungssystem führt, der nicht auf endlichen Energieträgern basiert.

    Die Energiewende vom Ende her zu denken bedeutet demnach, mit einem Energieversorgungssystem als Zielstellung „zu denken“, welches keine fossilen Zuflüsse mehr nutzt – entweder, weil diese nicht mehr da sind oder weil es politische, ökonomische oder andere Gründe gibt, sie nicht mehr zu nutzen.

    Die erste Frage, um überhaupt eine sinnvolle Grundsatzdiskussion zu führen ist also, ob wir in diesem Gedanken der „Energiewendenotwendigkeit“ überhaupt übereinstimmen. Falls nicht, erledigen sich Detaildiskussionen.

    Wenn wir sagen, ja, wir müssen ein System anstreben, das letztlich ohne Fossile auskommt, steht die Frage nach dem Weg.

    Ich sehe bei der Kohle-Diskussion weiterhin: Es geht bei Nochten II um Kohleversorgung ab 2030, also um die Zeit ab etwa 15 Jahren. Ich sehe, dass Kohle heute nur noch ein Zehntel der Arbeitsplätze stellt wie 1980. Die Strukturen, die von 1950 bis 1980 in der Lausitz „gewachsen“ sind, wuchsen aufgrund der Zuzugspolitik der DDR, nicht aufgrund organischer Entwicklung. (Das kann man am besten an der Einwohnerzahlentwicklung von Hoyerswerda ablesen.) So wie die Kohleblase Anfang der 1980er zu platzen begann, fielen die aufgeblasenen Städte (und ich lebte in zweien davon) wieder in den Zustand zurück, der vor der Kohle existierte. Heute macht die Kohle noch gut 8000 direkte Arbeitsplätze (= 17.000 indirekte) aus, das ist weniger als Ernährungswirtschaft oder Maschinenbau.

    Dass Strom bereitgestellt werden muss, bevor er verbraucht werden kann, muss klar sein. Allerdings fahren die Lausitzer Kraftwerke derzeit einen extremen Exportkurs, der Kohlestrom wird in Deutschland derzeit jedenfalls nicht in vollem Maße gebraucht. Die Kombination zwischen EE und Methanisierung mag unausgereift sein und für Marktextremisten somit „nichtökonomisch, also per se unsinnig“, aber der Ansatz zeigt einen Weg auf, wie ein kompatibler Weg eingeschlagen werden kann (kompatibel mit „die Energiewende vom Ende her denken“ UND kompatibel mit dem bestehenden Energieversorgungssystem). Dass neuartige Systemkomponenten sich anfänglich so gut wie nie „rechnen“, ist eine Binsenweisheit. Aber was heißt denn „rechnen“ angesichts psychologisch verheerender Umsiedlungen, Phänomene wie der Braunen Spree (100 Jahre Aufräumarbeiten!), Landschaftsverluste und die Verpulverung eines Rohstoffs für Stromlieferungen von demnächst 2,5 Cent pro kWh an der Börse?

    Angesichts solcher Fragen finde ich eine Aussage reichlich naiv, die da lautet „Die Chance auf einen weiteren Braunkohlenabbau darf nicht verspielt werden.“ Hä?

    • Frank sagt:

      Die erste Frage, um überhaupt eine sinnvolle Grundsatzdiskussion zu führen ist also, ob wir in diesem Gedanken der “Energiewendenotwendigkeit” überhaupt übereinstimmen

      Ja, wäre durchaus sinnvoll. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man es planlos überstürzt machen muss, so wie es momentan bei uns abläuft. Bitte einen Schritt nach dem anderen, und zwar in der richtigen Reihenfolge:

      1. Masterplan entwerfen und u.a. nachdenken, welche Alternativen der Energieerreugung nutzbar wären und ob diese tatsächlich besser sind
      2. Falls das auf Nutzung von Wind und Sonne hinausläuft, notwendige Speichertechnologien entwickeln und aufbauen
      3. dann kann es losgehen (aber eben auch erst dann, denn vorher hat es absolut keinen Sinn).

      Einen Hausbau beginnt man ja auch mit dem Fundament und nicht mit dem Dach.

      • Norbert sagt:

        Auch hier stimme ich prinzipiell zu, nicht aber im Detail. Ja: Masterplan ist fein. Aber: Wie genau kann ein Masterplan sein, der mit neuen Technologien arbeitet, zu denen gar keine Erfahrungswerte vorliegen? Insbesondere, wenn man sie skaliert? Ich bin absolut bei dir, dass betreffs der EE-Förderung ein Nachjustieren spätestens 2010 hätte beginnen müssen. Aber es wäre Unsinn daraus abzuleiten, man hätte hätte erst einen Plan bis zum Ende der Energiewende vollständig vorlegen müssen, um ihn dann überhaupt erst anzugehen. Vielmehr befinden wir uns bei neuen Technologien sehr oft in einem Prozess, der in der Informatik rapid prototyping genannt wird. Man baut ein System, stellt seine Fehlentwicklungen hinsichtlich der Aufgabenstellung fest, und baut eine zweite Version. Genau das machen wir derzeit beim Energiesystem: Wir haben den EE-Anteil so stark gesteigert, dass die Impulse in das bestehende fossile System so stark sind, dass Anpassungsmaßnahmen jetzt zwangsläufig werden. Aber: Ist das nicht notwendiger Teil der Entwicklung? Welcher fossile Dinosaurier hätte denn von sich aus auf seine über Jahrzehnte gewachsenen Privilegien verzichtet?

        Übrigens: einen sehr groben Masterplan („Energiekonzept“) hat die schwarz-gelbe Bundesregierung im Herbst 2010 vorgelegt. Ein gutes halbes Jahr vor Fukushima. Nur schade: Es hatte niemanden so recht interessiert…

        (Von der Frage, ob in der Lausitz weitere Löcher gebaggert werden sollten, sind wir nun aber ein gutes Stück abgekommen.)

    • Frank sagt:

      Nur noch kurz dazu:

      Die Kombination zwischen EE und Methanisierung mag unausgereift sein und für Marktextremisten somit “nichtökonomisch, also per se unsinnig”,

      Es hat nichts mit Marktextremismus zu tun, wenn man lediglich sagt, dass eine Investition ökonomisch funktionieren, also rentabel sein muss.

      • Norbert sagt:

        @Frank: Ich stimme dir zu, sobald du den Zeithorizont benennst, der bei dieser Aussage berücksichtigt werden soll. Das erste Telefon war nicht wirtschaftlich, man konnte (mangels zweitem Telefon) gar niemanden anrufen. Erst als ein Netz entstand, machte das Telefon sozial und damit ökonomisch Sinn. Erst dann ließen sich darauf Geschäftsmodelle aufbauen.

        Übertragen auf die Energiefrage bedeutet das: Nur weil Methanisierungsanlagen sich unter heutigen Bedingungen noch nicht rechnen, bedeutet dies nicht, dass man sie nicht bauen sollte.

        Marktextremismus beginnt für mich immer dort, wo die Leute so tun, als müßte sich jede Investition am besten bereits vor ihrer Planung rechnen, spätestens aber mit dem Roll-Out. Energieversorgung ist sooooo wichtig, dass der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit ruhig etwas mehr Zeit gelassen werden kann.

  4. Martin sagt:

    Ein wichtiger Hinweise für Power-to-gas-Anwendungen ist, dass für den Großeinsatz Unmengen von Platin für die Elektrolyse notwendig sind, da kein anderes, billigeres Material (bisher) diese dauerhafte Elektrolyse länger aushält. Das heißt, was im Labor- und Modellmaßstab noch gut aussieht, wird im großen Maßstab teuer und man macht sich eben von der ebenso endlichen Ressource Platin abhängig. Soweit jedenfalls der Stand, den mir ein Bekannter vom Helmholtz-Zentrum für Energien und Materialien erzählt hat, der genau an den Forschungen daran, nämlich einen Ersatz für Platin zu finden, berichtet hat.

    Das sind solche technischen „Kinderkrankheiten“, die sich nicht einfach irgendwie durch überstürzte Markteinführung auf Kosten der Verbraucher (!) klären lassen, sondern von Wissenschaftler erst mal ausreichend erforscht werden müssen.

  5. Klaus W. sagt:

    Von der „Methanisierung“ hatte ich noch garnichts gehört, wenn man von dem billigen Werbespot einer Energiefirma absieht. („Wir können …“ -machens aber nicht offensichtlich). Im Internetlexikon wird zur Methanisierung kritisch angemerkt, ob überhaupt genug CO2 dafür da ist. CO2-Mangel, das wäre doch mal was Neues. Zur Tagebauerweiterung: Im Verhätnis zur Fläche Deutschlands ist das ein mikrochirugischer Eingriff.

    • Norbert sagt:

      Fantasielose Zeitgenossen!

      Schonmal was von SPEICHERn gehört? Oder von Kreisläufen? Der Kohlenstoff wird doch nur benötigt, um aus dem flüchtigen Wasserstoff ein weniger flüchtiges Molekül zu machen. Bei der Verbrennung von Methan (=Stromerzeugung) wird was frei? Kohlendioxid. Also bitte: Speichern des Kohlendioxids bei der Stromerzeugung und Einsatz dieses gespeicherten CO2 bei der Methanisierung.

      Also wirklich: Manchmal bin ich ehrlich enttäuscht von der angeblich so cleveren Ingenieurgesellschaft in diesem Lande. Es mangelt an Kreisdenkern, es sind viel zu viele eindimensionale Leute unterwegs. Kein Wunder, dass wir uns Sackgassen bauen.

    • Frank sagt:

      @Martin:

      Im Verhätnis zur Fläche Deutschlands ist das ein mikrochirugischer Eingriff.

      Ich habe mal ausgerechnet, wie sich das zu den mindestens genauso klimaschädlichen Biogasanlagen verhält, die ebenfalls zu ökologisch toten Flächen führen: Für dieselbe Menge Elektroenergie aus Biogas benötigt man die 100fache Fläche, die ein Braunkohlekraftwerk beansprucht (berechnet am Beispiel Jänschwalde, ich kann es gern ausführlicher darstellen)

      @Norbert

      Schonmal was von SPEICHERn gehört?

      Ja, genau darum geht es: Die Möglichkeiten fehlen oder sind erst im Entwicklungsstadium.

      Der Kohlenstoff wird doch nur benötigt, um aus dem flüchtigen Wasserstoff ein weniger flüchtiges Molekül zu machen.

      Nein, sondern um ein Gas mit höherem Brennwert herzustellen als es reiner Wasserstoff wäre.

      Bei der Verbrennung von Methan (=Stromerzeugung) wird was frei? Kohlendioxid. Also bitte: Speichern des Kohlendioxids bei der Stromerzeugung und Einsatz dieses gespeicherten CO2 bei der Methanisierung.

      Wirklich verblüffend, dass da noch keiner darauf gekommen ist :-)

  6. Gerlinde sagt:

    Hmm, meine blauaeugige Idee (schon vor Jaaahren) war ja einmal:
    Kombinations-/Misch-Energie-Gewinnung aus div.’s Produktionen anstatt immer nur EINE Quelle damit wieder schaedlich zu machen. Denn: selbst wenn selbige ansonsten unschaedlich waere – meist macht ‚Mengen-Anwendung‘ wieder alles Gute futsch – seufz.

    Aber ich fuerchte, davon sind wir (wieder) sooo weit entfernt – aufgrund von Wirtschaftskriese und Sparmassnahmen auf allen Ebenen, wie wir ferner schon sehr lange nicht waren – auch seufz.
    Inkl.: Weitsicht (teuere) wird gestrichen zugunsten kurzfristig sich dadurch besser lesende Zahlen/Ergebnisse.
    … und ‚gruen‘ ist in – koste es was es wolle – notfalls das Leben von Menschen (so hier in Australien oefter mal dann passierend)!

    Wie war das eigentlich in Japan? Hatte da Energie-Gewinnung durch Wind nicht schon das Stadium erreicht, dass es in Form eines dekorativen – fast kuenstlerischen – kleinen ‚Wirbel-Faengers‘ schon f. jeden Privat-Haushalt machbar war?
    Statt ‚Kunst am Bau‘ o.ae. waren da dann auch aehnliche NICHT Windmuehlen-Monster sondern ‚kuenstlerische Figuren‘ mit Windfang-Zweck angewandt.
    Habe ich diesen Filmbeitrag (obwohl schon vor Jahren) nur getraeumt?
    Ich meine: Allein-Loesung ist auch dies ab-so-lut nicht; aber ‚Zu-Brot‘ um wenigstens das Tempo u/Energie-Verschleisses etwas zu bremsen (bis uns vielleicht was wirklich Gutes einfaellt)?

    … und uns gegenseitig anschreien, mies machen und verbal verkloppen hilft uns – leider – auch nicht sehr viel weiter.
    So viele Menschen, so viele Ideen – jedoch keine EINZIGE wirklich zuverlaessige und auch umweltgerechte Loesung.
    Allerdings, having said so: Die Um-Welt selbst lebt so ziemlich das haerteste Gesetz, welches ich kenne: macht unbarmherzig weiter bzw. ersetzt Unpassendes durch irgendetwas Neues, was in eine entstandene Luecke sich einfuegen kann (fuer egal wie lange) um dann wieder von vorne zu arbeiten: ersetzen.
    D.h.: die passt sich manchmal besser und schneller an uns Menschen an, als wir mitunter vermeinen ihr geschadet zu haben.
    Hat sich eigentlich schon einmal jemand auf der Zunge zergehen lassen WAS ‚Fosil-Energie‘ eigentlich ist?
    Bei mir kommt da ja immer heraus: grossflaechige Ueberduengung durch mitunter ploetzliches Absterben von organischem Material unter eigentlich ‚ungesunden‘ (?!) Bedingungen !?
    Wuerde heutzutage etwas Aehnliches passieren (und NUR unsere Nachfahren erst davon profitieren) waere es vermutlich gleich eine Riesen-Umwelt-Verschmutzung, oder?

    PS: Hier in Australien hat’s mir allerdings einmal die Hutschnur etwas hochgehoben, als uns verklickert wurde, dass wir hier ab-so-lut nicht mit Solar-Energie arbeiten koennen, da zuuu unzuverlaessig – ergo brauchen wir Kernkraft-Energie !!!
    Ja, Himmel – wer dann?
    Haetten wir hier mehr von dem Solar-Zeugs, muessten wir im Sommer weder an Strom-Ausfall durch Netz-Ueberlastung leiden usw. !
    Ergo: ich muss mich wohl bei Euch heraushalten, denn wir haben hier genuegend eigenen ‚Dreck am Stecken‘.

    Bitte vertragt Euch; setzt Euch lieber zum Nachdenken in eine Ecke und glaube bitte keiner an NUR seine eigene richtige Meinung.
    Leider brauchen wir eine sog. lebenssichernde Zwischendurch-Loesung (in wohl wenigstens Kompromiss-Version).

    Sorry fuer’s Einmischen, lieber ‚Stefanolix‘ – Du kannst meinen Kommentar gerne loeschen, wenn er Dir zu blau-aeugig und unpassend erscheint; tue Dir bitte wirklich keinen Zwang an.

    • stefanolix sagt:

      Herzlichen Dank für den Kommentar. Selbstverständlich bleibt er stehen, aber ich kann in den nächsten 24 Stunden vermutlich nicht darauf antworten.

      PS: Es warten noch Herbstbilder auf Veröffentlichung ;-)

  7. Gerlinde sagt:

    Danke.
    Herbstbilder: lechz :-D

    LG, ‚Methusalixa‘

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