Der Deutschlandfunk hat in den letzten Tagen eine sehr interessante Hörspielbearbeitung des Romans »Don Qujote« gesendet. Das Buch ist in einer älteren Übersetzung auch im Projekt Gutenberg zu finden.
Die beiden Helden geraten ja im Buch immer wieder in Abenteuer nach dem Schema: Der Ritter bekämpft Gefahren und Missstände, die einzig in seiner Phantasie existieren. Der Knappe muss dem Ritter aus der Patsche helfen. Eine charakteristische Szene beginnt so:
Der Ritter sieht eine Prozession mit einer Marienfigur. Er bildet sich aber ein, dass es sich um eine gegen ihren Willen festgehaltene junge Frau handelt:
[so] daß er sich einredete, eine Bildsäule, die sie in Trauerhüllen einhertrugen, sei eigentlich eine vornehme Dame, die von diesen Bösewichtern und schamlosen Wegelagerern mit Gewalt entführt werde.
Also reitet er in seinem Wahn auf die Prozession zu und herrscht die Geistlichen an:
»Ihr sollt gleich auf der Stelle diese schöne Dame freigeben, deren Tränen und betrübtes Antlitz deutlich zeigen, daß ihr sie wider ihren Willen fortschleppt und daß ihr eine offenbare Ungebühr an ihr verübt habt. Und ich, der ich zur Welt geboren bin, um dergleichen Freveltaten abzustellen, ich werde nicht gestatten, daß sie einen einzigen Schritt weiterziehe, ohne ihr die ersehnte Freiheit wiederzugeben, derer sie würdig ist.«
In unsere Zeit übertragen: Don Quixote »sieht« ein Beispiel für Sexismus, entlarvt die Sexisten und entscheidet kraft seines Sendungsbewusstseins ohne lästige Formalitäten über die notwendigen Maßnahmen. Die Reaktion der Betroffenen und Zeugen ist folgerichtig:
An diesen Worten merkten alle Hörer, Don Quijote müsse verrückt sein, und brachen in herzliches Lachen aus; aber hier zu lachen hieß Pulver auf Don Quijotes Zorneswut schütten, und ohne ein Wort weiter zu sagen, zog er das Schwert und sprengte auf die Tragbahre los.
Natürlich bezieht der Ritter nun eine Tracht Prügel und sein Knappe muss ihn (wieder einmal) retten:
Als Sancho Pansa, der ihm keuchend nachgeeilt war, ihn am Boden liegen sah, schrie er dem Zerbleuer seines Herrn zu, er solle vom Prügeln ablassen, denn der sei ein armer verzauberter Ritter, der all sein Lebtag keinem ein Leides getan.
Heute gibt es ja leider keine Ritter und keine Knappen mehr. Stattdessen gibt es die radikalen Genderist*Innen, die in ihrem unermüdlichen Kampf gegen die Realität immer wieder weit über die Windmühlenflügel hinausschießen. Eine dieser Ritterinnen gegen das Unrecht hat kürzlich zwei aufeinanderfolgende Tweets in die Welt gesetzt:
Damit hatte sie aber keinesfalls eine rassistische oder sexistische Person erwischt – sondern eine Bloggerin, die für die Interessen alleinerziehender Frauen eintritt und es lediglich gewagt hatte, in einer bestimmten Diskussion eine abweichende Meinung zu vertreten.
Es ist dabei völlig egal, in welcher Reihenfolge man die beiden Tweets liest: Sie haben tiefe Spuren hinterlassen. Die Anschuldigung hatte eine ähnliche Wirkung wie Mobbing auf dem Schulhof oder im Berufsleben.
Ideologisch oder persönlich motivierte Falschbeschuldigungen können unterschiedslos Männer oder Frauen treffen. Die Auswirkungen sind immer verheerend. In der Uni-Satire »Der Campus« hat Dietrich Schwanitz diese Art der »Frauenförderung« schon gebührend gewürdigt – aber der große Roman über den Genderismus steht noch aus. Vielleicht sollten interessierte Autoren schon mal mit dem Materialsammeln beginnen …
Quellenangabe für die Zitate: Miguel de Cervantes Saavedra »Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha« in der Übersetzung von Ludwig Braunfels.