Am Morgen machte eine Meldung aus dem Telegraph die Runde: Haifische töten neunmal mehr Männer als Frauen. Die amerikanische Publizistin Christina Hoff Sommers twitterte daraufhin ironisch:
The gendered choices of sharks.
Schon die Einleitung des Artikels legt den Verdacht nahe, dass es sich hier um eine Unstatistik handelt. Es wird eine einzige Kennzahl aus einer komplexen Studie in den Mittelpunkt gestellt – und diese Kennzahl eignet sich ganz zufällig für eine reißerische Schlagzeile.
Sharks nine times more likely to kill men than women, study says
Im Artikel wird dann behauptet:
Men are targeted in 84 per cent of all unprovoked shark attacks, and make up 89 per cent of all shark bite fatalities – which means that women are statistically more likely to survive a shark attack.
Was steht fest? 84 Prozent der Verletzten und 89 Prozent der Toten in den registrierten Fällen unprovozierter Hai-Attacken waren Männer. Kann man daraus ableiten, dass Frauen eine größere Chance haben, diese Hai-Attacken zu überleben? Dazu muss man die Gesamtzahl der Fälle kennen.
Im Artikel sind die drei Küstenregionen mit den häufigsten tödlichen Hai-Attacken aufgeführt. Dort wurden insgesamt 1.072 nicht provozierte Attacken registriert, bei denen 85 Menschen starben. Da die Datenbasis der Studie noch nicht veröffentlicht wurde, rechne ich mit diesen Zahlen weiter.
Australia topped the leader-board for fatalities, with the highest number of shark attack deaths of any nation over the period. It recorded 171 shark attacks, 32 of which were fatal, compared with South Africa’s 132 bites and 28 fatalities, and the United States, which recorded 769 bites but only 25 fatalities.
Wenn Frauen einen Anteil von 16% an den Opfern aller Angriffe haben, sind das 172 Fälle. Wenn Frauen einen Anteil von 11 % an den Todesopfern haben, sind bei diesen Angriffen 9 Frauen gestorben. Somit beträgt die Überlebensquote der Frauen 94.8 %.
Bei den restlichen 900 Angriffen starben 76 Männer. Damit haben die Männer eine Überlebensquote von 91.6 %. Also hat die Zeitung rein mathematisch recht: Frauen haben eine geringfügig höhere Überlebensquote.
Aber hat das Geschlecht wirklich einen Einfluss auf die Überlebensquote? Das darf bezweifelt werden. Erstens ist der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der Fälle viel zu gering, um daraus substantielle Schlüsse ziehen zu können.
Zweitens ist der Unterschied der Überlebensquoten sehr gering. Beide liegen deutlich über 90 % – was wohl vor allem auf die gute medizinische Versorgung sowie auf fähige und gut ausgerüstete Rettungskräfte in den USA zurückzuführen ist. An den anderen beiden Küsten möchte ich lieber nicht von einem Hai angegriffen werden.
Drittens haben auf die Überlebensquote außer dem Geschlecht viele andere Faktoren Einfluss: Wie weit haben sich die Personen vom Ufer entfernt? Wie lange dauerte es bis zum Eintreffen der Rettungskräfte? Wie weit war der Weg bis zum nächsten Krankenhaus?
Artikel: Sharks nine times more likely to kill men than women
PS: Thomas Pauli wies auf Twitter darauf hin, dass das Geschlecht der angreifenden Haifische in der Studie offenbar vernachlässigt wurde. Wir sollten unbedingt die Gender-Beauftragte informieren. Vermutlich wird bei der Untersuchung herausgefunden, dass 100 % der angreifenden Haifische männlich waren, denn weibliche Haifische würden ja niemals auf die Idee kommen …
… interessant wäre auch zu wissen, ob die Opfer sich als Hai-Brötchen/Shark Sandwich (= Surfer) präsentiert haben. Ein auf dem Surfbrett paddelnder Surfer sieht von unten wie eine fette, leckere Robbe aus, und auf so was stehen Haie.