Eine Studie zur »Entlohnung in Startups«

Eine Studie über die Entlohnung der Mitarbeiter in Berliner Startups scheint zu beweisen, dass Frauen bei diesen Unternehmen sehr viel weniger Geld verdienen. Ich möchte zeigen, warum die Schlussfolgerungen in diesem SPON-Artikel statistisch nicht untermauert sind.

Die Autoren der Studie haben ihre Daten auf folgende Weise gewonnen: Zwischen April 2013 und Januar 2016 konnten sich Besucher der Seite »Jobspotting« an einer anonymen Umfrage beteiligen. Das sind fast drei Jahre (in denen sich Gehälter und Positionen verändern).

In dieser Zeit haben sich (nach Bereinigung der Daten) 3.388 Beschäftigte an der Befragung beteiligt [Quelle: Berlin Startup Salary Report, S. 10/11].

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Beteiligten registriert sein mussten oder dass ihre Angaben verifiziert wurden. 60 % der Nutzer gaben an, in Berlin zu wohnen [S. 6]. Auch diese Angabe wurde offenbar nicht verifiziert. Später wird angegeben, dass 2.026 Personen tatsächlich in Berlin arbeiten [S. 12].

Bereits hier sind sehr starke Zweifel an der Aussagekraft der Studie geboten: Die Art der Umfrage (anonym, nicht verifiziert) und die Art der Auswahl der Beteiligten (es war eine Selbstauswahl auf einer Job-Plattform, die gar nicht jeder aus der Branche besuchen muss).


Laut Aussage der Autoren waren 80 % der Beteiligten »non-german«, wobei unklar bleibt, ob sich das auf die Staatsangehörigkeit oder auf die Herkunft bezieht [S. 6/7]. In den Berliner Startups arbeiten aber nur 49 % »non-germans«. Selbst wenn wir die ersten beiden sehr starken Einwände fallen lassen würden, kann die Studie also die Beschäftigten der Berliner Startups nicht repräsentieren.

Nach einer Aussage der Studie arbeiten nur etwa 63 % der Befragten überhaupt in Startups, was die Aussagekraft noch weiter einschränkt [Diagramm S. 16 oben, die Bildunterschrift ist in der Reihenfolge verkehrt]. Von den Befragten aus Berlin arbeiten 75 % in einem Startup.


Die Geschlechterverteilung M/W in der Studie betrug 70/30 % und speziell für Berlin 66/34 %. Viele Beteiligte der Umfrage kamen aus dem Ausland nach Berlin. Das sind vorwiegend sehr gut ausgebildete Männer mit Hochschulabschluss. Eine (Arbeits)Migration von gleich gut ausgebildeten jungen Frauen gibt es nicht.

Mit dieser Verteilung der ohnehin schon nicht repräsentativen und nicht geprüften Daten ist die Schlussfolgerung auf eine Lücke zwischen den Geschlechtern von exakt 25 % (wie SPON das titelt) absolut nicht sinnvoll. Aus der Studie geht noch nicht einmal sicher hervor, wie viele Frauen aus Berliner Startups überhaupt teilgenommen haben.

Das Berechnen von Korrelationskoeffizienten zum Zusammenhang zwischen Geschlecht und Gehalt aus derart ungesicherten und nicht repräsentativen Daten ist ein Zahlenspiel – aber mehr auch nicht. Somit kann der Artikel in den Datenmüll entsorgt werden. Er hat statistisch keinen Wert.

Bonus: Je detaillierter die Auswertungen [ab S. 28] zum Verhältnis männlicher und weiblicher Gehälter im Anschluss sind (Altersgruppen, Positionen etc.), desto größer wird der Unsinn. Denn für diese Teilgruppen kann die Umfrage natürlich erst recht nicht repräsentativ sein.


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5 Responses to Eine Studie zur »Entlohnung in Startups«

  1. Puh. Also vorweg ist festzuhalten, dass es ein ziemliches Husarenstück ist, angesichts der Datenlage zur ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen diese Ergebnisse anzuzweifeln – und damit meine ich nicht nur groß angelegte Querschnittstudien, sondern auch psychologische Befunde zu Gehaltsverhandlungen (siehe dazu die Arbeiten von Ruppert und Voigt oder die sehr aktuelle Metaanalyse von Mazei und Hüffmeier [http://psycnet.apa.org/?&fa=main.doiLanding&doi=10.1037/a0038184]), die wichtige Hinweise auf den Ursprung des Gender Pay Gaps liefern. Gleichzeitig ist klar, dass diese Studie methodisch nicht perfekt ist – aber auch eben kein „Datenmüll“.

    Vielmehr werden in diesem Post hohe bis absurde Maßstäbe an die Umfrage angelegt. Dass eine Umfrage, nur weil sie anonym ist und die Angaben der Teilnehmer nicht verifiziert (wie auch immer das gehen soll: Passdokumente? Gehaltsnachweise? DNA-Test?), ist sie nicht automatisch ohne Aussagekraft. Ohnehin scheint ein merkwürdiges Verständnis von Repräsentativität vorzuliegen. Diese ist gegeben, wenn die Grundgesamtheit adäquat von einer Stichprobe abgebildet ist. Die Grundgesamtheit wären hier Menschen, die in Startups in Berlin beschäftigt sind, nicht etwa die Gesamtbevölkerung Berlins oder gar Deutschlands. In diesem Post wird aber mehrfach behauptet, dass die in der Studie vorgestellte Stichprobe nicht repräsentativ ist. Hat der Autor dieses Blogs Informationen über die Grundgesamtheit, die die Autoren der Studie nicht haben? Tatsächlich haben schon frühere Umfragen ähnliche Verteilungen gefunden: z.B. im „Gründerszene-Gehaltscheck“ von 2013, da waren es 19% Frauen und 80% Männer, eine ähnliche Verteilung der Aufgabenbereiche (auch wenn diese etwas anders abgefragt wurden) und natürlich gab es auch einen großen Unterschied in den Gehältern von Männern und Frauen. Damals war es eine sehr kleine Stichprobe, die in der aktuellen Studie vorliegende Stichprobe wird also die bisher Repräsentativste sein, die es gab.
    Vieles, was hier als „unklar“ dargestellt wird, ist es nicht: so geht aus dem Originalpaper hervor, dass die Herkunft(!) von den Probanden selbst anzugeben war. Und selbstverständlich kann man auch außerhalb von Berlin für ein Berliner Startup arbeiten, aber die, die es nicht tun, wurden ja ohnehin getrennt ausgewertet.

    Und ja, es ist natürlich eine sehr spezielle Gruppe, die hier untersucht wurde. Sehr hoher Ausländeranteil, sehr hoher Männeranteil, sehr hoher Anteil gut ausgebildeter Menschen. Umso interessanter sind die Ergebnisse.

    Man kann viel Zeit für Haarspalterei bei Stichproben verschwenden: diese Studie ist nur ein weiterer Hinweis auf den durch unzählige empirische Studien mit unterschiedlichsten Methoden aus verschiedensten Fachrichtungen untermauerten Gender Pay Gap, sie zeigt außerdem, dass dieser bei Berücksichtigung von Berufserfahrung, Tätigkeitsgebiet, etc. bestehen bleibt. Auch das ist kein neuer oder für Startups spezifischer Befund, sondern wurde schon häufiger gefunden. Keine Frage sollte sein, dass diese Ungleichheit in der Bezahlung existiert und keineswegs auf „gerechtfertigten“ Faktoren. Generische Einwände liberaler, libertärer oder konservativer Beobachter dieser Debatte – die Befürchtung von unfairer „Gleichmacherei“ oder eines von radikalen Feministinnen dominierten Diskurses verhindern jedenfalls ein besseres Verständnis der Ursachen des Gender Gaps und letztendlich auch eine leistungsgerechte Bezahlung von Frauen.

    • stefanolix sagt:

      Um die Unzulänglichkeit der Studie zu erkennen, muss man nur die Informationen auswerten, die drin stehen. Selbstverständlich geht es um die Repräsentativität für Berliner Startups und nicht für die Gesamtbevölkerung. Die Studie ist aus den genannten Gründen nicht für die Berliner Startups repräsentativ. Punkt.

      Eine grundsätzliche Schwäche ist, dass der Anteil der Frauen unter den tatsächlichen Berliner Startup-Beschäftigten überhaupt nicht angegeben wird. Es fehlt einfach eine saubere Abgrenzung: Wie viele Frauen mit welcher Berufserfahrung und in welchen Positionen arbeiteten in den Startups? Und dann kann man entscheiden, wie belastbar die Schlussfolgerungen sind.

      Ich bin in keiner Weise gegen gerechte Bezahlung. Ich will, dass es gleiches Geld für gleiche Leistung gibt. Sollten Frauen tatsächlich bei gleicher Verantwortung, Kompetenz und Leistung durch ihre Arbeitgeber benachteiligt werden, wäre das illegitim. Aber das beweist diese Studie in keiner Weise.

      Dass die Auswertung bei SPON noch mal deutlich schwächer ist als die Studie selbst ist, muss man nicht extra betonen …

  2. Danke für den Artikel. Ich habe die Studie nur überflogen.

    Und bin auf Seite 30 bei Abbildung 20 hängen geblieben. Dort werden die „Durchschnittsgehälter“ (vorbehaltlich deiner Anmerkung) in einem Balkendiagramm von einem Durchschnittsmann und einer Durchschnittsfrau übereinander eingezeichnet. Außerhalb Berlin verdient das Musterpärchen 4800 Euro, in Berlin 5964 Euro.

    Häää?

    • stefanolix sagt:

      Mögliche Erklärung: Es handelt sich links um Personen, die online für Berliner Firmen arbeiten, aber woanders wohnen. Man kann ja aus dem Ausland oder aus Brandenburg via Netz auch für ein Berliner Startup arbeiten.

      Die Lebenshaltungskosten vor Ort in Berlin sind teurer sind als vielen anderen Gegenden. Somit zahlen die Startups den Leuten, die in Berlin wohnen, mehr Geld.

      Das ist aber nur eine Vermutung. Da die Datenlage insgesamt sehr schlecht ist, muss man sich m. E. über solche Details weniger Gedanken machen.

  3. Dirk sagt:

    Arbeiten tun wir wohl alle nicht besonders gern. Die es am wenigsten gern tun, die lieber vom Ergebnis der Arbeit anderer leben, erkennt man ganz gut daran, dass sie nicht in der freien Wirtschaft, sondern beim Staat „arbeiten“, vorzugsweise dort, wo ein echter Wettbewerb fehlt und die Forderung nach vorzeigbaren, verifizierbaren Ergebnissen nicht besteht. Bevorzugtes Spielfeld dieser Persönlichkeiten sind die Sozial-, Gender-, Literatur-, Theater-, Kunst- und alle anderen Pseudo-Wissenschaften. Und die vielen Ausprägungen der Gerechtigkeits- und Helferindustrie.
    Wusstn Se eigentlich, welche Industrie die umsatzstärkste in Deutschland ist?

    Diese, ich sage es mal schnörkellos, Schmarotzer müssen natürlich ihre Existenzberechtigung nachweisen. Da es keine tatsächliche gibt, müssen die Probleme erfinden, deren Lösung sie selbstlos in Angriff nehmen.

    Schützen ist eine Aufgabe, die immer mehr alimentiert werden muss, Frauen, Klima, Wale, egal, Hauptsache die Arbeitenden finanzieren das. Danach kommt Gerechtigkeit mit den Unterabteilungen Antidiskriminierung, Antirassismus, Antiallesmögliche.

    Wie redlich diese Truppen sind, zeigt die Praxis.

    Frauen sind in Führungspositionen unterproportional repräsentiert?
    Oh my god, wie furchtbar, lasst uns kämpfen.
    Tausende Frauen wurden in der Neujahrsnacht in mehreren westdeutschen Großstädten von den *unaussprechlichen* wie Dreck behandelt?
    Also, das ist wirklich schlimm – dass darüber gesprochen wird. Schnauze halten!
    Die Seite ehrenmord.de hat ca. 250 Fälle zusammengetragen. Einzelfälle, die nichts mit dem Islam zu tun haben, weshalb sich die selbsternannten FrauenrechtlerInnen eine Dreck für die Opfer tun und sich ganz unverblümt als Interessenvertreter der Täter betätigen (Ausnahme: Alice Schwarzer).

    Nach dieser kleinen Vorrede zum Thema.

    Vor acht Jahren hat die couragierte Staatsministerin Stevens in Bayern zum Kampf gegen die schröckliche Frauendiskriminierung aufgerufen. Einen Kinospot hat sie lanciert und auf ihrer Website (http://www.stmas.bayern.de/frauen/lohngerecht/forum/index.php?fid=showtopic&topic=1205512150&themename=Meinungen+zum+Kinospot&theme=1205224552) die himmelschreiende Ungerechtigkeit mit harten Worten angeprangert.

    Damals hatte sie die Merkel-gerechte Auslegung von Meinungsfreiheit noch nicht verstanden und leichtsinnigerweise und Forum eröffnet.
    Das Thema war zu dieser Zeit schon ausermittelt und ausdiskutiert. Die Interessierten mussten sich nichts ausdenken, haben einfach die vorbereiteten Texte aus der Cyber-Schublade geholt und ins Kommentarfeld gehängt.
    Muss ich sagen, wie die „aufrechte Demokratin“ Stevens reagiert hat?
    Merkwürdig, auch ohne Link kennt jeder die Antwort auf diese Frage. Die Zensur ist in Deutschland so allgegenwärtig, so „normal“, dass die führenden Genossen abweichende Meinungen zulassen könnten, kann sich keiner mehr vorstellen.

    Frage:
    Was ist ein System, eine Behauptung, eine Kampagne wert, wenn das auf der Unterdrückung der Wahrheit beruht?

    In der Realität gibt es keine Diskriminierung in Deutschland. Ganz besonders gibt es keine Lohndiskriminierung der Frauen.
    Es konnte noch keiner einen Grund nennen, weshalb Frauen diskriminiert werden sollten. Die gern als Grund vorgetragenen „psychologische Befunde zu Gehaltsverhandlungen“ sind genauso unsinnig wie der ganze Genderschrott.

    Gäbe es wirklich Gehaltsdiskriminierung, würden Männer keinen Job mehr finden.
    Weshalb sollten Unternehmen teure Männer bezahlen, wenn sie die gleiche Leistung von billigen Frauen kriegen können?

    Bei dieser Frage zeigt der Feminismus in der Regel ganz offen seine hässliche Fratze. Es liegt eben in der Natur des Jud … sorry, des Manns … besessen von der Mission, Frauen zu diskriminieren und auszurotten.

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