In der Deutschlandfunk-Sendung »Das war der Tag« wurde heute die einzige substantielle Kritik an der »Mitte-Studie« der drei linken Stiftungen und eines Instituts der Uni Leipzig gesendet.
Alle anderen Medien haben in ihren Sendungen und in den sozialen Netzwerken nur Schaubilder mit herausgegriffenen Zahlen verbreitet. Im Artikel möchte ich darauf eingehen und einige eigene Anmerkungen zur Studie machen.
Vorbemerkung 1: Auftraggeber der Studie sind: die Otto-Brenner-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
An dieser Stelle ist ein Fehler zu korrigieren: Nur die beiden letzteren Stiftungen sind politische Stiftungen linker Parteien, die aus Steuereinnahmen üppig finanziert werden und ein Eigeninteresse an der Studie haben.
Beginn der Ergänzung
Informationen zum Haushalt der Otto-Brenner-Stiftung sowie zum Leitbild und zu den Kooperationspartnern der Otto-Brenner-Stiftung finden Sie unter den folgenden Links:
Leitbild
Kooperationspartner
Geschäftsbericht 2011 bis 2015
Zitat aus dem Geschäftsbericht:
Im Berichtszeitraum hatte die Otto Brenner Stiftung (ohne HSI) Einnahmen in Höhe von 5,25 Millionen Euro zu verzeichnen. Davon stammen 4,9 Millionen Euro aus Erträgen für Wertpapiere, 19.600 Euro sind Zinserträge, 219.500 Euro kamen von Spendern, 100.000 Euro waren sonstigen Erträgen zuzuordnen.
Ende der Ergänzung
Persönliche Ergänzung: Ich bedaure die ursprüngliche Darstellung, dass auch die Otto-Brenner-Stiftung aus Steuereinnahmen finanziert wird. An dieser Stelle ist mir ein Fehler unterlaufen, den ich mit der Richtigstellung nun korrigiert habe.
Vorbemerkung 2: Die Studienteilnehmer wurden laut Aussage der Ersteller der Studie repräsentativ ausgewählt. Aber die Studie kann statistisch nicht repräsentativ für die AfD-Wähler, die Linken-Wähler oder die Wähler einer anderen politischen Partei sein. Wer für diese Teilgruppen eine repräsentative Befragung durchführen will, müsste eine neue repräsentative Auswahl zusammenstellen. Je kleiner die Teilgruppe, desto weniger repräsentativ sind die Aussagen.
Prof Schröder beginnt seine Stellungnahme im Interview mit Kritik am Titel »Die enthemmte Mitte«: Dieser Titel überzeichne, er sei reißerisch und durch die Ergebnisse der Studie nicht gedeckt. Die Studie »mache die Mitte nieder, ohne fundierte Belege«.
Der Moderator der DLF-Sendung Dirk-Oliver Heckmann wendet ein: »Aber die Zahlen sind doch erschreckend«.
Daraufhin zeigt Prof. Schröder, dass es im Hauptteil der Studie eigentlich um rechtsextreme Einstellungen ginge. Die tatsächlichen Zustimmungsraten zum Rechtsextremismus seien sehr gering: Nur sehr wenige Menschen stimmten einer Verharmlosung der NS-Diktatur oder anderen harten rechtsextremen Einstellungen zu. Die Zustimmungswerte lägen fast alle im einstelligen Bereich.
Prof. Schröder übt außerdem Kritik an der Frage-Methodik: In der Studie würden suggestive Fragen gestellt. Ich habe die Beispiele, die er nannte, im Wortlaut aus der Studie herausgesucht.
Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben.
Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland.
Das oberste Ziel deutscher Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht.
Persönliche Anmerkung: Würde man die Fragen bei gleichem Inhalt etwas weniger »geladen« formulieren, könnte sie vermutlich eine Mehrzahl der Franzosen, Polen oder US-Amerikaner mit Ja beantworten.
Würde man mich mit diesen Formulierungen befragen, dann würde ich spätestens an dieser Stelle abbrechen, weil die Formulierungen schlicht unverschämt sind.
Formuliert man diese Fragen in sachlicher Form, wird schnell klar: Jedes Land setzt seine Interessen durch und sehr viele Bürger der EU-Staaten um uns herum haben ein natürlich auch ein Nationalgefühl.
Entscheidend sind die Taten: Setzt ein Land seine Interessen mit Diplomatie und Entwicklungshilfe durch oder führt es Aggressionskriege? Leiten die Bürger aus ihrem Nationalstolz ein verantwortungsbewusstes Verhalten oder die Verachtung anderer Völker ab?
Zurück zum Interview. Typisch für die Suggestion ist laut Prof. Schröder die Frage:
Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.
Wenn Befragte derart pauschale, generalisierende Fragen vorgelegt bekämen, hätten sie keine Möglichkeit zum Differenzieren. Die meisten Menschen würden differenzierter antworten, wenn sie genauer befragt würden.
Prof. Schröder betont nochmals: Wir haben etwa 5% der Befragten, die als rechtsextrem eingestuft werden. Das sei der geringste Wert, der bei diesen Forschern jemals ermittelt wurde. – Haben Sie davon in der »Tagesschau« etwas gehört? Oder in den Schlagzeilen zur Studie? Ich nicht.
Dann geht es im Interview um die Muslime. Unter dem Eindruck der Anschläge von Islamisten und auch der Zuwanderung sehr vieler Muslime seien die Vorbehalte sicher gewachsen und es gäbe in Teilen der Bevölkerung eine Überforderung.
Aber auch hier bringt Prof. Schröder einen interessanten Einwand: Die Studie differenziert gar nicht zwischen Muslimen und Islamisten. Hier sind die konkreten Fragen, die in der Studie gestellt wurden:
Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.
Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.
Die beiden Begriffe »islamistisch« und »Islamismus« sind in der Studie nicht zu finden – und genau diese beiden Begriffe braucht man zum Differenzieren zwischen einem friedlichen Ausüben des islamischen Glaubens und dem gewalttätigen Islamismus. Das zeigt: Differenzierung ist gar nicht gewollt.
In einem weiteren Teil des Interviews geht es um die Gewaltbereitschaft. Dort weist Prof. Schröder auf seine eigene Studien zum Linksextremismus hin. Dabei fällt auf: Jeder Bezug zum Linksextremismus oder zum Linksradikalismus fehlt in der Studie, obwohl man doch bei repräsentativer Auswahl auch auf solche Einstellungen hätte stoßen müssen …
Mein Bericht über das Interview ist nicht vollständig, weil ich mich in der Studie festgelesen habe. Dabei ist mir deutlich geworden, dass sie noch mehr problematische Inhalte hat und deutliche Voreingenommenheit zeigt. Dazu später mehr.
Ich habe die Sendung heute Nacht mitgeschnitten, um die wichtigsten Aussagen wiederzugeben und zu kommentieren. Sie ist aber auch beim DLF zum Nachhören verfügbar. Bleibt nur eine Frage: Warum wird ein solches Interview kurz vor Mitternacht gesendet? Warum hört man dieses Interview nicht in den Informationen am Morgen?
Link zur Studie [bei der Parteistiftung der Linken]
Update 1: Das Interview ist in schriftlicher Form abrufbar. Danke an den DLF!
Update 2: Es gibt jetzt zu diesem Thema auch einen Artikel von Don Alphonso in den FAZ-Blogs.