Mit dem Wahlrecht spielt man nicht

Die FAZ lässt in der Rubrik »Fremde Federn« Gastautorinnen und Gastautoren aus allen politischen Richtungen zu Wort kommen: Linke, Konservative, Liberale, Sozialisten.

Das gefällt nicht jedem – aber es regt zum Widerspruch an. Der Mensch wächst am Widerspruch. Deshalb ist es sinnvoll, dass in der FAZ auch radikale Positionen vertreten werden können.


Heute ist in der Rubrik »Fremde Federn« ein ziemlich merkwürdiger Beitrag zu lesen. Die Kernthese des Autors Sandro Gaycken wurde gestern und heute schon mehrfach auf Twitter zitiert: politische Partizipation müsse »an ein Mindestmaß korrekter Bildung geknüpft werden«. Der Autor fährt dann fort:

Wir brauchen eine »Gnosikratie«. Wer wählen will, soll politische Kompetenz beweisen. Warum nicht so? […] Dazu muss vor der Wahlkabine ein variierender Multiple-Choice-Test mit einer einfachen Frage aus jedem Bereich ausgefüllt werden. Wer besteht, darf wählen.

Die Ironie ist nun: Müsste Sandro Gaycken den Test gemäß dem heute geltenden Recht bestehen, dann dürfte er selbst nicht wählen. Denn die von ihm vorgeschlagene Änderung des Wahlrechts ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Selten hat sich ein Gastautor der FAZ so unelegant ins Abseits bewegt.


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11 Responses to Mit dem Wahlrecht spielt man nicht

  1. Stephan sagt:

    Ich bin übrigens dafür, dass die faz in Zukunft ihren Gastautoren zuerst einen variierenden Multiple-Choice … ach, lassen wir das. War eh eine überaus dumme Idee!

    • stefanolix sagt:

      Ich wollte eigentlich noch den Rest des Textes verreißen (der in einem furchtbar schlechten Stil geschrieben ist). Aber dann dachte ich: der Autor ist mit dem vielen Spott im Netz genug gestraft.

  2. Adrian sagt:

    Ich verstehe das Argument mit dem geltenden Recht nicht. Denn genau das will der Autor ja abschaffen.

    • stefanolix sagt:

      Im Grundgesetz ist in Artikel 38 festgelegt, dass der Bundestag in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt wird. Im Artikel 3 ist festgelegt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.

      Das »Abschaffen« oder drastische Ändern des geltenden Wahlrechts ist also im Rahmen unseres Grundgesetzes gar nicht möglich.

      Würde der Autor vor der nächsten Wahl in einem Test nach einer Änderung des Wahlrechts im Sinne seines Artikels befragt, fiele er also durch den Test und dürfte nicht wählen.

  3. E-Haller sagt:

    Wenn es ihm nur um das Recht gegangen wäre. Er geht ja noch weiter, abgefragt werden sollen ja auch „anerkannte Fakten, mit bewusster Konfrontation von Lügen und Verschwörungen und mit Positionen.“
    Wie sieht das dann aus? Wenn ich den Einsatz der Bundeswehr in Syrien für illegal halte, stehe ich dann schon im Widerspruch zu „anerkannten Fakten“?

    Ich meine, klar, die Argumentation der Bundesregierung ist stringent und rechtlich einwandfrei – da bleibt keine Frage offen:

    Nicht ganz verstanden? So einfach ist das eben nicht, fest steht aber: alles einwandfrei!

    Interessante Richtung, in die das alles läuft:
    http://norberthaering.de/de/27-german/news/721-mccarthy#weiterlesen

  4. Sandro Gayken kriegt seit geraumer Zeit bei Fefe ordentlich Contra:
    https://blog.fefe.de/?q=Gaycken

    Ein trauriges Bild gibt dieser Herr Gaycken ab. Der trieft nur so vor Ideologie. Ich nehme den Mann schon lange nicht mehr ernst.

  5. Beobachter sagt:

    Konkret stellt sich Sandro Gaycken die Durchführung des Tests so vor:
    “Die Bundeszentrale für Politische Bildung gibt Zweiseiter für jeden politischen Bereich aus … mit anerkannten Fakten, mit bewußter Konfrontation von Lügen und Verschwörungen und mit Positionen. Dazu muss vor der Wahlkabine ein variierender Multiple-Choice-Test mit einer einfachen Frage aus jedem Bereich ausgefüllt werden. Wer besteht, darf wählen.“

    Guter Vorschlag.
    Jedoch sollte die Bundeszentrale für politische Bildung nur zur Bundestagswahl tätig werden.
    Bei den Landtagswahlen könnten die jeweiligen Landeszentralen für politische Bildung den Fragespiegel ausarbeiten.
    Hohe Qualität ist garantiert – bei dem Personal.

  6. Steffen Jäger sagt:

    Das ist doch kein Abseits, das nennt man „outside the box thinking“, aber mit dem Blick über den Tellerrand hatten Konservative ja schon immer ihre liebe Mühe, scheint mir. Wenn ein Journalist das eurer Meinung nach nicht darf, was sagt ihr dann den Bundes- und Landesregierungen, die es über Jahre nicht fertig bringen, vom Verfassungsgericht angemahnte Missstände zu korrigieren? „Einfach so weiter“ wird es dauerhaft nämlich nicht gehen. Klar, ist es dünnes Eis, wie solch ein Test gestaltet sein müsste, und vor allem in wessen Verantwortlichkeit er erstellt wird. Aber mal im Ernst, wenn jemand überhaupt keinen Plan hat worum es geht, warum soll er dann mitentscheiden?

    • stefanolix sagt:

      Natürlich kann man außerhalb der engen Grenzen des Grundgesetzes denken, nur kann das Grundgesetz deshalb noch lange nicht geändert werden ;-)

      Im Ernst: Ich will kein klassen-orientiertes Wahlrecht haben, wie es früher im Deutschen Reich existiert hat. Damals gab es eine Einteilung der Klassen nach Eigentum. Nach der Idee aus dem oben zitierten Artikel würde es nach Intelligenz und Bildung gehen.

      Ich bin der Meinung, dass sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes schon etwas dabei gedacht haben, als sie sich gegen einen Wissenstest entschieden haben: Es gibt in jedem Volk nun mal Klügere und auch Dümmere, Gebildete und auch Ungebildete. Das Ergebnis der Wahl soll repräsentativ für das /ganze/ Volk sein.

    • Beobachter sagt:

      Grundsätzlich möchte ich mit Steffen Jäger anschließen.

      Der letzte AfD-Parteitag musste mit 4.000 Polizisten vor den gewalttätigen Angriffen der AfD-Gegner geschützt werden. Dies zeigt, dass AfD-Gegner nicht nur gewalttätig sind, sondern auch strunzdumm.
      Deshalb wäre es geboten, diese selbsternannten Verfassungsfeinde von der Wahl auszuschließen. Figuren wie Angela Merkel, Steffen Gärtner oder Michael Kretschmer sollte man das aktive und passive Wahlrecht zu entziehen.
      Mal so „outside the box“ gethinkt.

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