Die Zustimmung
Heute: Zivilisierter Widerspruch gegen einen Artikel von Josef Schuster und Heinrich Bedford-Strohm. Jeder zivilisierte Widerspruch gegen einen veröffentlichten Artikel soll mit Argumenten für den Artikel beginnen:
- Es ist völlig richtig, dass vor Rechtsextremismus und damit verbundenen Gewalttaten gewarnt wird. Wer kann etwas dagegen haben?
- Es ist völlig richtig, dass vor dem Instrumentalisieren von Ängsten durch Populisten gewarnt wird.
- Es ist auch richtig, dass vor den Gefahren der Manipulation unserer öffentlichen Sprache gewarnt wird.
- Es ist notwendig, die Rhetorik der AfD zu hinterfragen: Was meint sie mit »Systemwechsel«? Wogegen will sie im demokratischen Rechtsstaat »Widerstand« leisten?
- Es ist nicht zuletzt eine Selbstverständlichkeit, dass die demokratischen Errungenschaften und der Wertekodex der Bundesrepublik hochgehalten und verteidigt werden.
Wenn sich die beiden führenden Vertreter der jüdischen und der christlichen Religion dieses Landes dafür aussprechen, dass jüdisches Leben und jüdische Religion in diesem Land sicher sein müssen: Welcher zivilisierte Bürger wollte ihnen widersprechen? Aber auf welche Weise und gegen welche Gefahren diese Absicherung erfolgt: Darüber darf man streiten, darüber muss man streiten.
Der Widerspruch
Eine Zwischenüberschrift des Artikels lautet »Widerspruch braucht Widerspruchsgeist«. Diesen Widerspruch sollen die Autoren nun bekommen. Josef Schuster und Heinrich Bedford-Strohm zitieren je einmal aus Thora und Bibel. Es sind bekannte Zitate, es sind aber leider auch oft instrumentalisierte Zitate. In der Thora steht:
Wenn ein Fremder in eurem Lande weilt, so sollt ihr ihn nicht kränken. Gleich dem Einheimischen unter euch sei euch der Fremde, der bei euch weilt, und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn Fremdlinge waret ihr im Lande Ägypten.
Der Staat Israel, in dem die Thora weltweit die größte Bedeutung hat, ist die einzige echte Demokratie im Nahen Osten. Israel ist der Zufluchtsort vieler Juden, die aus arabischen Staaten und aus anderen Staaten vertrieben wurden oder gehen mussten.
Israel hilft sogar den Kindern seiner größten Feinde mit medizinischer Versorgung: Es wurden tatsächlich kranke oder verletzte Kinder der Mitglieder von islamistischen Terrororganisationen in israelischen Krankenhäusern versorgt.
Aber Israel geht auch äußerst streng gegen illegale Migration vor. Israel unterbindet den Missbrauch des Asylrechts. Israel weist illegal Eingereiste konsequent aus oder findet andere Staaten, die diese Personen aufnehmen. Es liegt also klar auf der Hand, dass die Thora zwar Orientierung gibt, aber niemals Staatsräson sein kann.
In der Bibel gibt es das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und viele andere Beispiele für Nächstenliebe. Es stimmt auch, dass in der Bibel die folgenden beiden Sätze stehen:
Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.
Es ist aber grundsätzlich falsch, die Zitate aus der Thora und aus der Bibel ohne rationale Einordnung zu verwenden. Diese heiligen Bücher richten sich nicht an säkulare Gesellschaften, sondern an individuelle Gläubige und an Glaubensgemeinschaften. Das ist ein entscheidender Unterschied. Diese Zitate verpflichten den demokratischen Rechtsstaat Israel und den demokratischen Rechtsstaat Deutschland zu gar nichts.
Der barmherzige Samariter aus der Bibel ist beim Helfen nicht über seine soziale und wirtschaftliche Leistungsgrenze hinausgegangen. Er hat geholfen, aber er wusste auch seine Grenzen zu ziehen. Er wurde übrigens auch nicht mit dem Messer angegriffen, als er geholfen hat.
Deshalb ist zu differenzieren zwischen dem Rechtspopulismus und dem rationalen Widerspruch gegen uneingeschränkte Aufnahme von Fremden, gegen zu weitgehende Rechte für Fremde und gegen uneingeschränkt offene Grenzen. Das leistet der Artikel überhaupt nicht. Es wird eine Dichotomie zwischen Gut und Böse, zwischen Rechtspopulisten und hypermoralisch Gerechten aufgebaut. Zwischen diesen beiden »Lagern« gibt es aber zivilisierte, demokratische Menschen, die gegen beides sind. Sie müssen in der Politik Gehör finden, denn auch ihre Anliegen sind legitim.
Ein Kernargument des Artikels sei noch ausführlich zitiert. Es zeigt, wie wenig sich die Autoren getraut haben, ihre Argumente zu Ende zu denken. Die Autoren des Artikels werfen der AfD vor:
Aufbrüche in einen grundgesetzkonformen Islam sollen beendet werden. Die Dialogfähigkeit der Religionen soll geschwächt werden. Gegeneinander statt miteinander: Das ist die Religionspolitik der AfD.
Aber wer bedroht denn die Aufbrüche in einen grundgesetzkonformen, reformierten und aufgeklärten Islam wirklich? Es sind radikale Salafisten und andere islamische Fundamentalisten mit ihren Morddrohungen gegen Dissidentinnen und Dissidenten. Diese islamischen Dissidentinnen und Dissidenten erhalten nicht Polizeischutz, weil die AfD in ihrem Programm zu islamkritisch wäre. Sie erhalten Polizeischutz, weil sie von fundamentalistischen Vertretern des Islam bedroht werden. Die Autoren schreiben:
Falsch verstandene Toleranz und beschwichtigende Narrative stärken den Rechtsextremismus dort, wo klarer Widerspruch angezeigt ist.
Das gilt aber – wie man an der Eröffnung der DITIB-Moschee als Quasi-Außenstelle des erdoganschen Religionsministeriums sehen konnte – viel mehr und viel drastischer für den Islamismus. Den Rechtsextremismus abzulehnen ist in Deutschland Staatsräson. Über den Islamismus und Staatsislam wurde viel zu lange laut geschwiegen – auch von den beiden Autoren des WELT-Artikels.
Ich bitte Sie alle, ich bitte Euch alle: Diskutieren wir zivilisiert. Ich werde die Kommentare unter diesem Artikel streng moderieren. Ich möchte keinerlei Beleidigungen der beiden o. g. Personen, der jüdischen Gemeinden in Deutschland oder der Evangelischen Kirche hier in meinem Blog haben.
Hallo Stefanolix,
es gibt von mir nichts zum widersprechen. Wenn Du recht hast, hast Du recht. Deshalb meine Zustimmung zu Deinem ausgewogenen Widerspruch.
Herzlich, Paul
Herzlichen Dank!
“Ich werde die Kommentare unter diesem Artikel streng moderieren. Ich möchte keinerlei Beleidigungen der beiden o. g. Personen, der jüdischen Gemeinden in Deutschland oder der Evangelischen Kirche hier in meinem Blog haben.“
An Deiner Stelle würde ich (Selbstschutz) das genauso handhaben. Aber das zeigt ja auch, was so alles den Bach runtergeht.
Die einen dürfen hetzen und pöbeln und werden für die Frechheiten noch gelobt – und die anderen müssen sich jedes Wort dreimal überlegen, damit man nicht Gegenstand des Gesinnungsstrafrechts wird.
Um sicher zu gehen zitiere ich einfach mal aus den Leserkommentaren. Allesamt WO-Zensur geprüft, also kein Risiko (Rechtschreibfehler stillschweigend korrigiert)
Edmund S.
Würden Sie mir bitte mitteilen, in welchem Land und zu welcher Zeit diese zwei Geistesgrößen leben/lebten?
Danke!
Hard C.
Ist das eigentlich eine Arbeitsanweisung, dass nach jedem terroristischen Akt in Deutschland ein Artikel in der WO erscheint wie groß die Gefahr von rechts ist? Leider muss ich sagen fühlen ich mich durch den islamistischen Terror extrem bedroht und zwar nicht nur in Deutschland sondern in ganz Nord- und Südeuropa.
Dann haben wohl der Autor und ich 2 unterschiedliche Wahrnehmungen was Gefahr und Angst betrifft.
gisbert m.
… was mich aber dabei wundert: ich lese immer von rechter Gewalt, finde aber keine Opfer, bis auf die Attacke auf das jüdische Restaurant in Chemnitz und da ist auch nicht klar ob es eventuell linke Provokateure waren. Über das Hetzjagdvideo muss man nicht diskutieren, das finde ich einfach lächerlich, ein etwas übergewichtiger „Rechter“ rennt einem schlanken ausländischen Mitbürger hinterher 20m und die Luft war raus… .
Nein Gewalt geht in diesem Land überdurchschnittlich von jungen Nordafrikanern, Türken, Libanesen, Palästinensern, Arabern aus, vorwiegend Männer, die stechen mit Messern auf die hier lebenden Menschen ein, prügeln, stoßen Personen vor U- und S-Bahnen, treten auf schon am Boden liegende ein, rasen mit 400PS-Monstern über rote Ampeln, klauen was geht, vergewaltigen, ermorden ihre Angehörigen und nennen das dann Ehrenmord, in Berliner Haftanstalten sind mehr als 50% einsitzende ausländischer Herkunft. Libanesische, türkische, palästinensische Clans führen den Rechtsstaat seit Jahrzehnten vor und wir haben ein Problem mit rechter Gewalt?
Wer hat denn Teile von Hamburg beim G20 abgefackelt und Geschäfte geplündert, Schaufenster eingeschlagen, wer wirft Steine in der Rigaer Str. auf Polizisten, wer zündet am 1.5. in Berlin regelmäßig Autos an und nicht nur am 1. Mai, das sind linke Chaoten die vom System gedeckt werden. ich finde grundsätzlich sollte der Staat intensiver gegen Gewalt und Kriminalität vorgehen und es auch nicht politisieren, Gewalt sollte grundsätzlich viel härter sanktioniert werden, egal ob rechts oder links.
Die Kommentare beleidigen weder die beiden Personen noch deren Gemeinschaften, aber ein Link auf die Kommentare bei der WELT wäre einfacher gewesen.
Man kann den Artikel aus unterschiedlichen Blickwinkeln kommentieren. Ich maße mir in keiner Weise an, dass mein Blickwinkel besonders gut oder richtig wäre. Mit dem obigen (warnenden) Kommentar wollte ich tatsächlich nur vermeiden, dass es in Beleidigungen ausartet.
Herr Bedford-Strohm schreibt seinen Teil des Artikels nahezu aus der privilegiertesten Position, die in Deutschland erreichbar ist. Er hat jeden denkbaren Schutz seiner Person, er hat ein hohes garantiertes Einkommen, er hat keinerlei wirtschaftliche Sorgen für die Zeit seines Alters. Er kann sich seine Hypermoral leisten, weil von ihm persönlich außer warmen Worten nichts abgefordert wird. Er konkurriert nicht mit Zuwanderern um Wohnraum, sie stören seine Kreise nicht – und die immer höher werdenden Steuern/Abgaben tun ihm in keiner Weise weh. Ich kann verstehen, dass es dafür bei WELT-Online auch rauere Kommentare gibt. Aber ich tue alles, damit wenigstens meine eigenen Kommentare nicht verbittert oder rau klingen. Oder in anderen Worten: Ich muss mich sehr beherrschen …
Israel ist der Zufluchtsort vieler Juden, die aus arabischen Staaten und aus anderen Staaten vertrieben wurden oder gehen mussten.
In erster Linie könnte auch die Shoa als Grund für die Existenz eines jüdischen Staates gesehen werden.
Über den Islamismus und Staatsislam wurde viel zu lange laut geschwiegen – auch von den beiden Autoren des WELT-Artikels.
Ich habe jetzt mal beide Namen gegoogelt (Bedford-Sehm 1 | <a href="http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ekd-heinrich-bedford-strohm-zum-islam-in-deutschland-13387058.html / Josef Schuster 1) und mühelos ältere Artikel zur Thematik gefunden.
Sie beziehen sich in ihrem Artikel auf die Ereignisse von Köthen und Chemnitz, die mit Islamismus/Staatsislam erstmal gar nichts zu tun hatten.
Der Artikel der FAZ über Bedford-Strohm sagt (wie zu erwarten) gar nichts aus und er stammt sowieso aus der Zeit vor der großen Migrationskrise. Niemand hat ein Problem mit einem »menschenrechtsverbundenen« Islam, den sich Bedford-Strohm wünscht. Das Problem ist der menschenrechtsverachtende Islam.
Du schreibst davon, dass geschwiegen wird, ich schicke Artikel der Autoren, in denen sie über „den“ Islam schreiben und dann kommt irgendwas mit „vor der großen Migrationskrise“ entstanden als Antwort (wobei alle Artikel ab 2015 geschrieben worden sind). Die von Dir (ausschließlich) dem Islam zugeschriebene „Menschenrechtsverachtung“ ist ein grundlegendes Problem unserer Zeit und längst kein „islamisches“.