Heute Nachmittag habe ich mir selbst ein Bild vom Aleppo-Kunstwerk auf dem Dresdner Neumarkt gemacht. Ich habe mein Fahrrad am Stadtmuseum abgestellt und bin zum Neumarkt gelaufen:
Beim Näherkommen kann man das Kunstwerk einordnen. Es steht mindestens 50 Meter von der Frauenkirche entfernt an der Absperrung für die aktuelle Bebauung auf dem Neumarkt.
Als ich dort ankam, standen etwa ein Dutzend Leute mit Kameras und Smartphones dort. Einige fotografierten professionell. Zwei Mädchen posierten und machten Selfies.
Von einem Protest war nichts mehr zu sehen oder zu hören. Im Gegenteil: Manche Leute unterhielten sich sehr zivilisiert über den Krieg in Syrien, andere interessierten sich für die Details der Befestigung.
Beklemmend war der Kontrast zwischen dem mitgedachten total teilweise zerstörten Aleppo und der regen Bautätigkeit auf dem Neumarkt: Der Kulturpalast ist bald fertig saniert. Zwischen dem Kunstwerk und dem Kulturpalast ist eine Baustelle, auf der luxuriöse Wohnungen, Läden und Büros entstehen.
Um den Kontrast auf die Spitze zu treiben: In der Dresdner Verwaltung wurde lange diskutiert, welche Art Fenster in die neuen Gebäude eingebaut werden darf, damit sich niemand über den Lärm bei der späteren Nutzung des Kulturpalastes beschweren kann.
Fotografisch ist es möglich, das Martin-Luther-Denkmal und das Kunstwerk von der Frauenkirche aus auf ein Bild zu bekommen. Was hätte Luther zu diesem Thesenanschlag auf dem Neumarkt gesagt?
Nein: Das Kunstwerk wird das würdige Dresdner Gedenken am 13. Februar nicht beeinträchtigen. Ja: Es regt zum Denken an. Besseres kann man über Kunst nicht sagen.
Weitergehende Links (werden laufend ergänzt):
Website des Künstlers Manaf Halbouni und sein Account bei Twitter.
Artikel aus der WELT von 2015: Barrikade aus Bussen in Aleppo.
Ergänzung: (wer noch ein wenig nachdenken möchte): Hier ist ein Detail von einem der Busse. Eine Werbeaufschrift, die der Bus vor dem Verschrotten trug.