Posse um den Namen der Waldschlößchenbrücke

Bei der Frau Muyserin habe ich gerade einen Beitrag gefunden, in dem die Namensgebung der Waldschlößchenbrücke aus sprachlicher Sicht betrachtet wird. Hier soll es um das Zustandekommen dieser merkwürdigen Befragung gehen.

Kungelei? Die Sächsische Zeitung hat sich mit dem Baubürgermeister Marx zusammengetan, um die Bürger nach ihrer Meinung zum Namen der neuen Brücke in der Nähe des Waldschlößchens zu fragen. Vermutlich sollte damit von Pleiten, Pech und Planungsfehlern beim Bau der Brücke abgelenkt werden. Die Bürger interessiert nicht, wie die Brücke mal heißen könnte. Die Bürger interessiert, wann sie fertig ist und wie sie an das Straßennetz angebunden sein wird. Diese Befragung der Leser war eigentlich eine Veralberung der Öffentlichkeit.

Irrelevanz? Bei der Konzeption der Umfrage wurde künstlich ein Bedarf geschaffen, den es gar nicht gibt. Es wurde erstens unterstellt, dass ein neuer Name gebraucht wird. Aber die Brücke hat ihren Namen längst. Es wurde zweitens unterstellt, dass die Umfrage irgendeine Relevanz für die Namensgebung haben könnte. Und es wurde drittens unterstellt, dass man diesen Namen ausgerechnet bei einer Abstimmung im Internet finden könnte.

Unbedarftheit? Solche Internet-Abstimmungen sind leicht manipulierbar. Man sieht es daran, dass vermutlich eine Gruppe von sehr humorvollen Leuten so oft auf die absurde Bezeichnung »Storch-Heinar-Brücke« geklickt hat, bis dieser Vorschlag vorn mit dabei war. Ich finde den Ansatz der Aktion »Storch Heinar« sehr interessant: die Ideologie des Rechtsextremismus wird wunderbar ins Lächerliche gezogen und Lachen kann bei vielen Problemen helfen. Aber mit der neuen Dresdner Brücke hat das nichts zu tun. Über dieses Trauerspiel kann keiner mehr lachen.


7 Responses to Posse um den Namen der Waldschlößchenbrücke

  1. Muyserin sagt:

    Du sprichst lauter Aspekte an, die mir im Zusammenhang mit der Befragung ebenfalls durch den Kopf gingen. Aufgrund der thematischen Ausrichtung meines Sprachblogs ging ich nicht näher darauf ein, pflichte Deinen Beobachtungen aber bei.

    Ich möchte das noch etwas weiterspinnen. Man stelle sich vor, es hätte der Vorschlag „UNESCO“-Brücke gewonnen. Ob Herr Marx in jenem Fall auch „über das Brückenvotum erleichtert“ gewesen wäre und es den Volksvertretern überbracht hätte?

    Überhaupt die Möglichkeit zu erwägen, die Waldschlösschenbrücke anders zu taufen als mit dem Namen, unter dem sie Stadtgeschichte schrieb, kann ich nur als versuchte Volksverdummung interpretieren. Man hätte dann nur hoffen können, dass jedweder andere Vorschlag ähnlich populär gewesen wäre, wie das „Glücksgas-Stadion“.

    Am Rande: z. B. vom britischen GUARDIAN kenne ich die Gepflogenheit, dass man auf thematisch verwandte Artikel des eigenen Blattes verlinkt. Es wäre schön, wenn sz-online auf die Ursprünge der Leserbefragung hinwiese, denn zumindest mir ist nicht präsent, wie es überhaupt zu der Aktion kam.

    • stefanolix sagt:

      Soweit ich es verfolgt habe, ist das eine Aktion der SZ und des Baubürgermeisters. Der Wunsch kam ganz bestimmt nicht von den Lesern. Die SZ stellt es so dar:

      Er (Marx) hatte die Namenssuche selbst angestoßen und Waldschlößchenbrücke nur als Arbeitstitel bezeichnet. (Quelle)

      Für mich ist es einmal mehr eine Ablenkung von den eigentlichen Problemen.


      • Muyserin sagt:

        Für mich ist es einmal mehr eine Ablenkung von den eigentlichen Problemen.

        Die heute um ein neues Kapitel erweitert wurden.

        Selbst als Gegner fällt es zum jetzigen Zeitpunkt schwer, den Sinn solcher Klagen zu sehen.

      • stefanolix sagt:

        In der Sache geht es doch nur noch um die Prozesskosten. Und es geht auch nicht um praktischen Naturschutz, sondern nur um Formalitäten. Alle Eingriffe liegen ja nun bereits in der Vergangenheit.

        Die Brückengegner (in diesem Fall die Naturschutzverbände) haben sich theoretische Bedrohungen ausgedacht, die alle einzeln untersucht werden sollen: Da könnte mal ein Juchtenkäfer seine Exkremente hinterlassen haben, dort könnte mal eine Fledermaus geflogen sein. Das führt zu unendlich vielen Formalitäten, die einen Bau über viele Jahre unmöglich machen sollen.

        Am verblüffendsten finde ich den Schutz des Flusses »mit Schlammbänken«. Beim Bau eines Tunnels wäre dieser Fluss viel, viel stärker beeinträchtigt gewesen. Dafür muss man die Elbe sogar umleiten. Wenn sie diese Konsequenz für einen Tunnel nicht gescheut haben, ist es unlogisch, das Argument gegen die Brücke ins Feld zu führen.

  2. Frank sagt:

    Die Sache mit der Namenssuche war selbstverständlich Quatsch. Zumindest vom Standpunkt eines Normalbürgers her. Aber andererseits hatte Marx gar nicht so unrecht, zumindest darauf mal hin zu weisen, dass der Brückenname bislang nur ein Arbeitstitel ist. Denn in der Angelegenheit sind bisher schon so viele Haare gespalten worden – daß hätte es glatt noch passieren können, dass nachher jemand deshalb die nächste Klage einreicht: Brückenbau ungültig wegen Bennenungsfehler!

    • stefanolix sagt:

      Und diese Möglichkeit wäre in Dresden keinesfalls aus der Luft gegriffen ;-)

      Die Namenssuche via Zeitung und Internet-Votum war eine reine Kopfgeburt. Das braucht wirklich niemand.

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