Eine Wortmeldung zum bedingungslosen Grundeinkommen

Im Blog der Kaltmamsell habe ich einen Verweis auf die Seite der Publizistin Antje Schrupp gefunden, die eine Befürworterin des bedingungslosen Grundeinkommens ist. Einerseits denkt sie sehr differenziert über die Auswirkungen des bedingungslosen Grundeinkommens auf die Pflege und artverwandte Tätigkeiten nach:

Mein Frust geht – mal wieder – um die Frage, wie die Care- und Fürsorgearbeit in dem Projekt unterkommt.

Andererseits bezeichnet sie Kritiker dieses Prinzips auch mal via Twitter als »hirnamputierte Vollhonks«. Ich habe auf ihrem Blog einige Zeilen zu diesem Thema hinterlassen, die ich hier dokumentiere. Ich hoffe, dass ich nach diesem Kommentar nicht als »hirnamputierter Vollhonk« eingeordnet werde ;-)


Rechte und Pflichten müssen immer im Gleichgewicht stehen. Wer dieses Prinzip nicht beachtet, konstruiert sich ein soziales perpetuum mobile.

Nach dieser Diskussion sehe ich mich in meiner Überzeugung bestätigt, dass dem Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Arbeitspflicht gegenüberstehen muss. Anderenfalls gäbe es zwar genügend Geld, aber zu wenig Leistung, um die Gesellschaft am Laufen zu halten.

Einige Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens meinen, dass sich nach dessen Einführung genügend Menschen moralisch zur Arbeit verpflichtet sehen würden.

Ich schließe mich dieser Meinung nicht an. Und selbst wenn sich eine bestimmte Menge von Menschen dazu bereit fände: Es wäre sozial zutiefst ungerecht, wenn einige aufgrund ihrer moralischen Einsicht arbeiten würden, während sich andere einfach nur absichern lassen.

Die Arbeitspflicht lässt sich prinzipiell in einem repressiven oder in einem genossenschaftlichen System durchsetzen.

Mit einem repressiven System wären wir wieder auf der Stufe der Zwangskollektivierung in Russland oder in der DDR angelangt. Nur stünde auf den Bannern der Kommissare nicht mehr der Sozialismus, sondern das bedingungslose Grundeinkommen.

Ein genossenschaftliches System würde auf Freiwilligkeit basieren. Ich halte die freiwillige Kollektivierung in einer Genossenschaft oder in einem Kibbuz für eine sehr gute Idee. Glaubt man aber z.B. den Beiträgen der Bloggerin Lila aus Israel, die lange Zeit aus einem Kibbuz bloggte, lösen sich die Kibbuzim eher auf, als dass sich neue bilden. Auch in Deutschland findet diese Idee wohl nicht allzu viele Anhänger.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen kann es meiner Meinung nach nur dann geben, wenn sich die Menschen auf lokaler Ebene freiwillig in genossenschaftlichen Strukturen zusammenschließen und wenn diese Strukturen immer mehr Bedeutung gewinnen. In einer genossenschaftlichen Struktur ist jede Person dadurch sozial abgesichert, dass jede Person freiwillig Pflichten übernimmt.

Das wäre der Ansatz einer Graswurzelbewegung: die Idee würde von unten nach oben wachsen (bottom-up). Eine Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens von oben herab (top-down) wird nach dem Verbrauch der bestehenden Substanz immer mit der Ausübung von Zwang verbunden sein.


Soweit mein Kommentar. Man mag dort meine Überzeugung herauslesen, dass die Zeit für ein solches bedingungsloses Grundeinkommen noch nicht gekommen ist, weil die richtigen Menschen dafür noch nicht bereitstehen.

Die Gretchenfrage ist aber eine andere — und daran müssen sich alle Befürworterinnen und Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens messen lassen: Welches Maß an Zwang würden Sie anwenden, um die Menschen von Ihrer Idee zu überzeugen und um diese Idee umzusetzen?


24 Responses to Eine Wortmeldung zum bedingungslosen Grundeinkommen

  1. ThO sagt:

    ZITAT:
    „Ein bedingungsloses Grundeinkommen kann es meiner Meinung nach nur dann geben, wenn sich die Menschen auf lokaler Ebene freiwillig in genossenschaftlichen Strukturen zusammenschließen
    und wenn diese Strukturen immer mehr Bedeutung gewinnen. In einer genossenschaftlichen Struktur ist jede Person dadurch sozial abgesichert, dass jede Person freiwillig Pflichten übernimmt.“

    Hallo,

    schaue dir doch mal die heutige Gesellschaft an. Zu 100% ist die Versorgung der Bevölkerung mit existenzsichernden Gütern und Dienstleistungen gesichert durch reguläre Arbeit. Jeder bleibt gerne an seinem Arbeitsplatz, wenn die Arbeitsbedingungen fair und menschenwürdig sind, wenn der Lohn stimmt, wenn der Arbeitnehmer sieht, dass er korrekt am Ergebnis der Arbeitsleistung beteiligt wird (Gewinn). Wird er hingegen ausgebeutet, wie ein Arbeits-Sklave behandelt, ist das Arbeitsklima schlecht, dann wird er nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen sich zweimal überlegen, ob er in einer solchen Firma, Institution weiterarbeitet.

    Nach den eben genannten Kriterien ist die notwendige Arbeit und sogenannte „Pflicht-Arbeit“ wie Antje Schrupp sie ins Spiel bringt, auch dann „Scheiß-Arbeit“, nämlich wenn sie nicht fair, nicht menschenwürdig, nicht angemessen bezahlt und mit gutem Arbeitsklima ausgestattet ist.

    Und das gilt für lohnabhängige Tätigkeiten. Alle anderen Tätigkeiten finden im Privatleben statt, wo der Pflichtbegriff sowieso lächerlich ist. Entweder die Beteiligten sehen ein, was notwendig ist, oder das Zusammenleben funktioniert einfach nicht. Zum Beispiel kann man das in Wohngemeinschaften beobachten, ob es klappt.

    Im Übrigen ist deine Überlegung mit der genossenschaftlichen Struktur absolut zu befürworten. Es fehlen kostenlose und sehr preisgünstige „Sozialwohnungen“. Wenn diese endlich gebaut werden, könnten diese in genossenschaftlicher Verwaltung sich befinden.

    Mit Grüßen

    • stefanolix sagt:

      Der Übergang zwischen »lohnabhängigen« und »privaten« Tätigkeiten ist fließend. Stichworte: Tauschringe, »Schwarzarbeit«, privater Austausch von Leistungen … Letztlich geht es doch um die Frage: »Leistung und Gegenleistung?« oder »Leistung ohne Gegenleistung?«.


      Nun die Gretchenfrage, die ich jedem stelle: Welches Maß an Zwang würdest Du anwenden, um die Menschen von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zu überzeugen und um diese Idee umzusetzen?

  2. stefanolix sagt:

    Weitere Gedanken als Ergänzung nach dem Mittagessen und einer fruchtbaren Diskussion:

    Mit dem Grundeinkommen hat zwar plötzlich jeder genügend Geld in der Tasche, aber das bedeutet noch lange nicht, dass er auch die notwendigen Waren und Dienstleistungen bekommt.

    Manche Befürworter des Grundeinkommens freuen sich auf eine Zeit, in der der Markt »außer Kraft gesetzt« sein wird. Andere Befürworter des Grundeinkommens sind der Meinung, dass es in die Marktwirtschaft integriert werden kann.

    Ich kann mich keiner der beiden Seiten anschließen. Ich sehe vielmehr die Gefahr einer Inflation oder einer Geldblase. Es dürfte zumindest zeitweise ein Zustand eintreten, in dem plötzlich viel zu viel Geld vorhanden ist, dem aber kein Angebot an Waren und Dienstleistungen mehr gegenübersteht.

    Einen solchen Zustand der Wirtschaft gab es am Ende der DDR-Zeit. Die Menschen haben daraus eine frappierend einfache Konsequenz gezogen: Es entstand eine Tauschgesellschaft (implizit: eine Marktwirtschaft), in der das DDR-Geld immer mehr zum Vehikel wurde.

    Ein umgekehrter Weg ist durchaus denkbar: Dass aus einer Marktwirtschaft über eine Tauschwirtschaft letztlich ein System vieler Kibbuzim und Genossenschaften entsteht. Das wäre die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens [richtiger: der bedingungslosen Grundsicherung] von unten.

    Der andere Weg ist für mich aber völlig inakzeptabel: Eine Einführung des 
bedingungslosen Grundeinkommens durch Zwang von oben. Ein solcher Zwang entstünde auch dann, wenn sich in der repräsentativen oder direkten Demokratie eine Mehrheit von 60% gegen eine Minderheit von 40% durchsetzen würde. Denn auch dadurch entstünde Zwangsausübung gegenüber den 40%, die den Systemwechsel nicht wollen.

    Nun mag man mir antworten: Diesen Zwang haben wir ja heute schon. Steuern und Sozialabgaben sind schließlich an Arbeit gekoppelt. Das stimmt. Aber der Zwang würde unendlich größer durch die Pflicht des Staates, ein bedingungsloses Grundeinkommen zahlen zu müssen. Diese Pflicht wird natürlich auf die Arbeitenden umgelegt.

    • Frank sagt:

      Naja, die Inflation bzw. Geldblase haben wir so schon* – da kommt’s nun auf eine durch BGE auch nicht mehr an. Übrigens muss das nicht passieren.

      (* Durch diverse Rettungsschirme, die per Hebel aufgeblasen werden, durch Banken, die ihre geringen tatsächlich vorhandenen Beträge mehrfach verrechnen)

      • stefanolix sagt:

        In der Tat haben wir eine Geldblase. Aber die Auswirkungen eines BGE wären in dieser Beziehung viel schlimmer. Die gehebelten Rettungsschirme kommen in der Realwirtschaft kaum an. Ein BGE hätte dagegen in vielerlei Hinsicht vom ersten Tag an Auswirkungen auf die Realwirtschaft und auf den Öffentlichen Dienst.

        Das BGE stünde immer unter dem direkten Erhöhungsdruck des Volkes — so lange, bis die Substanz verbraucht ist (zum Substanzverlust einer Volkswirtschaft verweise ich gern noch einmal auf die DDR).

      • Frank sagt:

        Die gehebelten Rettungsschirme kommen – wenn ich das richtig verstanden habe – in der Realität durchaus an: Die EZB gibt Geld zu geringen Zinsen an Banken aus, wofür diese schlecht laufende (z.b. griechische) Staatsanleihen kaufen, diese wiederum geben sie bei der EZB als Sicherheit für neues Geld … und das Ganze sogar mehrfach.

        Wenn das keine Geldblase/entwertung ist … die muss ja irgendwann mal in der Realwirtschaft ankommen.

  3. Frank sagt:

    Ich finde, dass Antje Schrupp schon Recht hat mit ihrer Meinung „die Freiwilligkeit muss unbedingt gegeben sein (…) es ist undenkbar, dass man zum Beispiel von Leuten gepflegt wird, die dazu von außen gezwungen werden.

    BGE und Pflicht bzw. Zwang zu notwendigen Arbeiten – ja, wie verträgt sich das? Wenn das bedingungslose GE mit Zwängen, also Bedingungen verbunden ist, dann ist es nicht mehr bedingungslos. Irgendwie hast Du aber auch Recht (dann müsste man das GE halt anders benennen :-) ).

    Was ich nicht verstanden habe, ist Deine Bemerkung „Rechte und Pflichten müssen immer im Gleichgewicht stehen. Wer dieses Prinzip nicht beachtet, konstruiert sich ein soziales perpetuum mobile.“ Was verstehst Du unter einem sozialen Perpetuum Mobile?

    Übrigens Danke für den Verweis auf Frau Schrupps Seite – den Aspekt mit eventuellen negativen Auswirkungen eines BGE auf Frauen kannte ich noch nicht. Ich habe dadurch gemerkt, dass ich mich bisher zu wenig mit dem Thema befasst habe.

    • stefanolix sagt:

      Was den Zwang betrifft: Bezeichnen wir einfach mal alle Personen, die zum Funktionieren der Gellschaft unbedingt notwendig sind, als Leistungsträger.

      Entweder werden die Leistungsträger nach Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens gezwungen, ihre Arbeit fortzusetzen oder sie werden mit viel Geld (weit oberhalb des Grundeinkommens) dafür entlohnt.

      Im ersten Fall ist das bedingungslose Grundeinkommen nun wirklich nicht mehr bedingungslos. Es stellt sich die Frage, welches Maß an Zwang vertretbar wäre.

      Im zweiten Fall wird sich eine Inflationsblase bilden, wie sie auch in den bisherigen Krisen noch niemand gesehen hat. Denn dann werden Arbeitseinkommen und bedingungsloses Grundeinkommen einander gnadenlos in die Höhe treiben.


      Mit einem sozialen perpetuum mobile möchte ich den Zustand des anstrengungslosen Wohlstands beschreiben. Dieses soziale perpetuum mobile ist natürlich genauso unmöglich wie das perpetuum mobile in der Physik. Anstrengungsloser Wohlstand entsteht immer nur durch Ausbeutung.

      Dass Rechte und Pflichten im Gleichgewicht stehen müssen, ist im Grunde auch eine Anleihe aus der Physik: dort gibt es das Gleichgewicht der Kräfte. Man mag mir verzeihen, dass ich das so ingenieurmäßig betrachte ;-)

    • Frank sagt:

      Thema „Geldblase bzw. Inflation durch BGE“

      Lassen wir mal die Sache mit ESM, Bankenrettung und so – das sind ja ganz andere Themen. Ich bin mir nicht sicher, ob es unbedingt zu einer erhöhten Geldmenge kommen müsste, wenn man ein BGE einführt. Möglicherweise bräuchte man lediglich bereits vorhandene Geldflüsse dahin umzuleiten. Bereits jetzt werden ja ziemlich viele Leute nicht nur über die Hartz4-Leistungen finanziert, sondern auch durch verschiedene andere staatliche Finanzierungen. Das Ganze erfordert zusätzliche Gelder für die Organisation und Kontrolle dieser Zahlungen. Möglicherweise würde das bereits reichen?

      Nicht reichen würde es sicher, wenn nicht nur Arbeitslose dieses BGE erhalten sollten, sondern wirklich alle Bürger, also auch Angestellte usw. (was Du als „Leistungsträger“ bezeichnest) zusätzlich zum Gehalt. Gegen diese Variante wäre ich sowieso, weil damit auf Staatskosten (und damit ja wieder auf Kosten der Steuerzahler) Arbeitgeber entlastet würden, denn diese würden (zumindest bei Neueinstellungen) bald damit beginnen, ihre Lohnzahlungen auf das Niveau „ursprüngliches Brutto minus BGE“ abzusenken. Das würden die mit Sicherheit bald tun und das wäre eine völlige Verzerrung der Wettbewerbssituation.

      Thema „soziales perpetuum mobile = anstrengungsloser Wohlstand“

      Naja, ich finde nicht, dass die bisherigen Überlegungen zum BGE darauf abzielten, dass die Empfänger anschließend im Wohlstand leben sollten. Es geht doch eher um die Absicherung der Grundbedürfnisse auf einem Niveau, bei dem das Leben noch halbwegs Spaß macht, ohne dass man damit reich wird.

      • stefanolix sagt:

        Zu Deinem zweiten Einwand: Was wir hier in Deutschland als Grundsicherung ansehen, ist nach dem Maßstab der restlichen Welt wirklich Wohlstand (und übrigens auch nach dem Maßstab, der bei Einführung der Sozialversicherung in Deutschland galt). Meinetwegen können wir es auch als „anstrengungslose Deckung der Grundbedürfnisse“ bezeichnen.

        Zu dem Thema Geldblase bzw. Inflation bereite ich noch einen Artikel vor. Nur soviel: Das BGE würde die Löhne in die Höhe treiben, weil jeder arbeitende Mensch natürlich auf einem Abstand zwischen Nichtstun und Lohn für seine Arbeit bestehen würde. Die Löhne würden wiederum die Preise nach oben treiben. Die Preise würden das BGE nach oben treiben, weil es politisch festgelegt werden muss und weil es ja eine Grundsicherung bleiben soll.

        Jetzt hast Du als Staat zwei Möglichkeiten: Du legst für alle Waren und Dienstleistungen der Grundsicherung eine Preisobergrenze fest oder Du erhöhst laufend das BGE. Es kommt also (volkswirtschaftlich gesehen) nicht nur zu einer Lohn-Preis-Spirale, sondern zu einer BGE-Lohn-Preis-Spirale. Da kann nicht gutgehen!

        Zum Weiterlesen: Man denke sich diesen Artikel mit BGE:
        http://de.wikipedia.org/wiki/Lohn-Preis-Spirale

  4. Nur zur Klarstellung: Die „Vollhonks“ bezogen sich nicht auf die Tatsache, dass die Herren dem Grundeinkommen kritisch gegenüber stehen, sondern auf die Art und Weise wie sie – hm – „diskutiert“ haben.

  5. Michael sagt:

    Bedingunglloses Grundeinkommen – nichts Neues
    denn es ist biblisch belegt.
    Nach dem Sündenfall kam das göttliche Verdikt „ … Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du Dein Brot verdienen!“
    Und es ist der Menschheit nicht schlecht bekommen. Die Arbeit von Generationen, die Entwicklung von Kultur und Wissenschaft beweisen es. So ist unser Staat heute in der Lage, Menschen mittels Hartz4 zu alimentieren. Was ist das anders als ein BGE? Im Mittelalter z.B. wäre nie jemand auf die Idee gekommen, so was hirnrissiges zu verlangen und selbst der begnadete Schnorrer K. Marx hat sich dazu nicht geäußert. Das einzige, was dem BGE (Hartz4) im Wege steht, ist wohl das Ausfüllen eines Antragsformulars. Oder sollte das Bezugsformular in die Wiege gelegt werden?
    Was mir bei der ganzen Diskussion um´s BGE hier gegen den Strich geht, ist: Der moralische Aspekt der Arbeit gerät unter die Räder. Arbeit hat auch was mit Willen, Ehrgeiz, Pflicht und nicht zu vergessen mit Befriedigung und Anerkennung zu tun.

    • stefanolix sagt:

      Nicht alle diese Bezüge werden von den Befürwortern eines BGE bestritten. Man muss wohl auch davon ausgehen, dass ein Großteil der Bevölkerung seine grundlegenden ethischen Vorstellungen und moralischen Grundsätze nicht mehr aus der Bibel ableitet.

  6. Michael sagt:

    Wie setzt man bei Ihnen ein Ironie-Smiley?

    Ob dem Diskutanten auf der Diskussions-Seite der Piraten klar war, daß er damit

    Finanzierung durch heutige Einnahmen
    Die Theorie ist, bestehende Sozialausgaben als Pauschalsumme direkt an die Bürger auszuzahlen. So soll Bürokratie abgebaut und Verwaltungskosten sollen gespart werden.
    Sozialbudget 2009 (753,9 Mrd.)
    Leistungen nach Funktionen (ohne Verwaltungsausgaben)
    Modell auf den Zahlen von 2009 Datei:Grundeinkommen Version 5.pdf
    • Alter und Hinterbliebene -> 287,5 Mrd.
    • Krankheit und Invalidität -> 264,4 Mrd.
    • Kinder, Ehegatten und Mutterschaft -> 99,7 Mrd.
    • Arbeitslosigkeit -> 50,2 Mrd.
    • Wohnen, Allgem. Lebenshilfen -> 23,4 Mrd.
    Wegfallen würden also ggf.:
    • Rentenversicherung
    • Krankenversicherung
    • Pflegeversicherung
    • Unfallversicherung
    • Arbeitsförderung/Kombilohnmodelle („Hartz IV4-Aufstocker“)
    • Sondersysteme
    • Leistungssysteme des Öffentlichen Dienstes
    • Leistungssysteme der Arbeitgeber
    • Entschädigungssysteme
    • Sozialhilfe
    • Kinder- und Jugendhilfe
    • Kindergeld und Familienleistenausgleich
    • Erziehungsgeld
    • Ausbildungsförderung/Bafög
    • Wohngeld
    • Steuerliche Maßnahmen (speziell: Steuerfreibeträge aller Art)
    • Subventionen, die dem Arbeitsplatzerhalt dienen (Kohlesubventionen, Pendlerpauschale, etc.)
    (?): Abhängig vom Modell
    und damit Viele Paragrafen, Gerichtsentscheidungen, Betrugsmöglichkeiten, usw.

    quasi amerikanische Verhältnisse propagierte, weiß ich nicht. Beispiele :
    – Krankenversicherung nein, ich bezahle den Arzt so wie den Klempner nur, wenn ich ihn brauche.
    – Subventionen, die dem Arbeitsplatzerhalt dienen (darunter fällt ja auch der üppige Kulturbetrieb Theater- und Konzertbetrieb) nein, das alles wird in USA von privaten Trägern geleistet.
    – Ausbildungsförderung/Bafög gibt es nur aus privaten Quellen (Stipendien)
    Wegfallen würden nicht nur o.g. Items, sondern auch jede Menge Arbeitsplätze.
    Der Diskutant wird zurückgepfiffen :

    Ihr wollt nicht wirklich die Krankenversicherung wegfallen lassen, oder? Was passiert wenn sich jemand den Fuß bricht?

    Und damit beißt sich die Katze in den Schwanz.
    Von solchen Utopisten möchte ich nicht regiert werden.

  7. funkloch sagt:

    Ist mal wieder hübsch, wie wenig Liberalismus man auf diesem Blog findet =D

    Argumente, die auf „Arbeit macht frei“ hinauslaufen, ignorier ich mal einfach. Die Grundthese des Beitrags von Stefanolix, dass nämlich BGE sich nur mit Zwang zur Arbeit einführen ließe bringt nicht wirklich viel zur Sache bei, weil bereits jetzt ein ganzer Haufen Leute, die irgendwie Stütze beziehen, zur Arbeit gezwungen werden.

    Was wirklich fehlt, ist eine Perspektive, die sich nicht in „Bild“-mässigen Armenbashing ergeht und trotzdem die heile Welt mit dem BGE in Frage stellt. Wir haben schon heute eine große, stetig steigende Zahl von Leuten, die trotz Arbeit über das Amt alimentiert werden (Aufstocker). Das zeigt sehr deutlich, wohin die Fahr geht, nämlich zu einer Verringerung des Lohnniveaus. Insofern wird ein BGE, von dem ich im Übrigen meine, dass es sicher bald kommt, weil es vom Verwaltungsaufwand her einfach besser daherkommt, das fortsetzen, was mit Minijobs, Harts IV und Deckelung der Arbeitgeberkosten heute schon passiert:

    Die Kollektivierung von Unternehmensrisiken bei gleichzeitiger Reprivatisierung der individuellen Existenzrisiken, die mit den systemischen Eigenschaften des Kapitalismus verbunden sind.

    Na dann: guts Nächtle

    • stefanolix sagt:

      In meinem Artikel gibt es kein Argument der Art »Arbeit macht frei« und selbstverständlich auch kein »Armenbashing«. In meinem Artikel gibt es auch keine Aussage, dass ein »BGE sich nur mit Zwang zur Arbeit einführen ließe«. Der Zwang kommt nur unter bestimmten Voraussetzungen ins Spiel.

      Für mich bleibt es dabei, dass Rechte und Pflichten im Gleichgewicht stehen müssen. Wenn auf der einen Seite die Rechte ausgeweitet werden, müssen auf der anderen Seite mehr Pflichten erfüllt werden. Das kann allenfalls für ein paar Jahre ignoriert werden, in denen man allerdings die Substanz der Wirtschaft zerstört — wie in der DDR. Am Ende stand nur noch die nackte Pleite.


      Abgesehen davon ist eine Verrechnung der Renten und anderer individueller Ansprüche mit dem BGE sowieso grundgesetzwidrig.

      • Korrektor sagt:

        „In meinem Artikel gibt es auch keine Aussage, dass ein »BGE sich nur mit Zwang zur Arbeit einführen ließe«.“

        Doch:

        „Nach dieser Diskussion sehe ich mich in meiner Überzeugung bestätigt, dass dem Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen eine Arbeitspflicht gegenüberstehen muss.“

        und

        „Eine Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens von oben herab (top-down) wird nach dem Verbrauch der bestehenden Substanz immer mit der Ausübung von Zwang verbunden sein.“

        Bitte.

      • stefanolix sagt:

        Dann lesen Sie bitte genau:

        1. Eine Arbeitspflicht kann freiwillig übernommen werden (genossenschaftliches Modell). Kein Zwang.

        2. Eine Einführung »von oben herab« wird immer mit Zwang verbunden sein. Eine freiwillige Einführung selbstverständlich nicht.

  8. Universalist sagt:

    Ich würde, wenn die Diskussion noch läuft, einwerfen wollen, dass der Anreiz zur Arbeit für einen (allein) BGE-Versorgten recht groß sein könnte.
    Deshalb plädiere ich für ein BGE das so bemessen sein soll, dass davon lediglich geringe Ausgaben für Luxus- und Lebensstil möglich sind.
    Ich bin überzeugt, dass so, und kombiniert mit den beseitigen Arbeitsaufnahmehindernissen, deutlich mehr Leute Geschmack an (und Möglichkeiten für) Arbeit finden würden, und auch insgesamt mehr gearbeitet würde.

    • stefanolix sagt:

      Natürlich ist die Diskussion nicht geschlossen.

      Der persönliche Anreiz zur Arbeit *muss* für jeden Einzelnen groß sein! Wenn es überhaupt ein BGE (oder eine negative Einkommenssteuer) geben sollte, dass darf es nur die absoluten Grundbedürfnisse abdecken.

      Dann sind die 1.500 bis 2.000 Euro, die immer wieder gefordert werden, absolut außerhalb jeder Diskussion.

      Allerdings muss man dann die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen, die eindeutig aussagen, dass der Bedarf des Einzelnen nicht zu stark pauschaliert werden darf. Eine Familie mit mehreren Kindern darf mit ihrem BGE nicht schlechter dastehen als heute mit ALG-II. Dieser Balance-Akt ist das große Problem.

      Und es bleibt das Rentenproblem.

      • Universalist sagt:

        1500€ wären mir (pauschal, bei heutigem Geldwert) auch schon wesentlich zu viel. Herauszufinden wie man ein BGE fair bemessen könnte sehe ich als sehr großes und spannendes Problem (eine Gratwanderung geradezu).
        Renten habe ich mir zuletzt recht einfach vorgestellt, nämlich als BGE + X, wobei X von den im Leben geleisteten Steuer- bzw. Renteneinzahlungen abhinge. Würdest du bei dieser Variante grundlegende Probleme sehen?

      • stefanolix sagt:

        Das Rentensystem ist in Deutschland ein Jahrhundertsystem. Es müsste also eine Formel der Art

        BGE + Ansprüche + Ewigkeitsgarantie

        geben. Aber das Bundesverfassungsgericht ist in dieser Angelegenheit m.W. sehr penibel. Die kann man mit dieser Formel wohl nicht beeindrucken ;-)


        Das BGE dürfte im ersten Ansatz nicht höher sein als das ALG-II, die Kinder müssten ein eigenes BGE haben.

        Ein großes Problem bei der summarischen Bedarfsermittlung sind die vielen Schatten-Arbeitslosen, die in keiner Statistik mehr auftauchen, die sozusagen aufgegeben worden sind oder sich selbst aufgegeben haben oder sich längst autonom durchs Leben schlagen. Ich schätze, dass diese Zahl siebenstellig ist.


        Wie man in dem neuen System die elementaren Sonderbedarfs-Positionen der sozial Schwachen regeln kann, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Eine weitere wichtige Frage ist: Wie wird die Finanzierung der Krankenversicherung weiterentwickelt, wie entwickeln sich ihre Leistungen?

        In sozialen und ökonomischen Fragen muss man immer etwas weiter denken als die Zeitungen und das Gros der Politiker ;-)

        Ich bin nicht generell gegen ein BGE, wohl aber gegen die sozialpopulistische Vereinnahmung dieses Begriffs (die bis hin zu den alten Klassenkampfparolen reicht).

        Ich will die soziale und regelgerechte Marktwirtschaft behalten. In einem falsch eingeführten BGE sehe ich die größte Bedrohung für das Funktionieren dieser Wirtschaft.


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