Kenne Dein Limit. Gib Deine Daten nicht preis.

Man sieht im Stadtbild oft die Plakate der Aktion »Kenne Dein Limit«: Darauf sind junge Menschen abgebildet, die fröhlich feiern und flirten. Darauf sind auch kurze Texte zu sehen, die auf Gefahren beim Überschreiten des persönlichen Alkohol-Limits hinweisen.

Es geht dort um die direkten Folgen des akuten Alkoholmissbrauchs: Trunkenheit am Steuer, Enthemmung, Intensivstation. Ich finde diese Plakate prinzipiell nicht schlecht, auch wenn man über die eine oder andere Aussage sicher streiten kann. Das Anliegen ist jedenfalls richtig.


Auf der Website der Kampagne gibt es aber auch eine Aktion, die Anlass zu ganz deutlicher Kritik bietet: das Alkohol Diary. Man kennt ein ähnliches Prinzip aus dem Zeitmanagement: Jemand schreibt sich über mehrere Wochen alle Tätigkeiten auf, um Reserven zu erkennen und dann die Zeitplanung zu optimieren.

Hier geht es also um ein Alkoholtagebuch. Die Nutzer der Website sollen in einer Datenbank der Aktion »Kenne Dein Limit« jedes einzelne alkoholische Getränk eintragen, das sie konsumieren. Aus der Beschreibung:

Das Alkohol Diary zeigt dir, wie viele alkoholische Drinks du in einer Woche getrunken hast – eine wichtige Voraussetzung, um beim Alkohol auf Dauer im Limit zu bleiben. Auch deinen Trinkgewohnheiten kannst du mit dem Alkohol Diary auf die Spur kommen und so eine Menge über dich selbst erfahren.


An dieser Stelle sollte jeder Nutzer innehalten und ein ganz anderes Limit beachten: Gib niemals Daten preis, deren Bekanntwerden Dir persönlich schaden könnte. Beim Registrieren sollen die Nutzer nämlich folgendes angeben:

Loginname*
Vorname
Name
Geschlecht*
E-Mail*
Geburtstag*
Tätigkeit*
Passwort*

Pflichtfelder sind mit dem Asterisk gekennzeichnet. Zwar sind Name und Vorname keine Pflichtfelder, aber eine Zuordnung der E-Mail-Adresse zu einer konkreten Person dürfte in den meisten Fällen ziemlich einfach sein.


Weder bei der Registrierung noch bei der Anmeldung bekommen die Nutzer einen Hinweis auf den Datenschutz angezeigt, obwohl auf der Website personenbezogene Daten erhoben werden.

Dabei gäbe es eine einfache Möglichkeit, das Alkoholtagebuch auf dem eigenen Rechner zu führen: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung müsste einfach nur eine Office-Vorlage bereitstellen, in der die Formeln und Hinweise hinterlegt sind. Dann könnte jeder Nutzer zu Hause bilanzieren, ob er das Limit noch einhält.


10 Responses to Kenne Dein Limit. Gib Deine Daten nicht preis.

  1. Das ist in der Tat ein gruseliges Detail, das ich gar nicht kannte. Ich kannte nur die Plakatwerbung und finde sie gelungen. Aber dieser Aufruf zur Datenpreisgabe ist wirklich heftig.
    Es gäbe übrigens noch eine ganz sichere Möglichkeit. Nämlich Papier und Stift. Und eine abschließbare Schreibtischschublade.

    • stefanolix sagt:

      Das stimmt prinzipiell. Aber mit Papier & Stift muss man ja selbst (von Hand) rechnen. Es geht bei diesem Tagebuch wohl darum, dass man die Menge an reinem Alkohol bilanziert, die man während einer Woche in sich aufnimmt. Da kann der Rechner schon helfen, aber man braucht natürlich keine Datenbank auf einem fremden Server.

      Ich brauche übrigens weder ein Tagebuch noch ein Tabellenprogramm, aber es mag für manche Leute eine heilsame Lehre sein, wenn sie die Summe sehen …

  2. Hmm, in der Tat witzig … ob sich da jemand einträgt??

    Vielleicht sammelt so der interviewte Professor Laucht seine Forschungsdaten?! ;)
    Hmm, vielleicht melde ich mich mal an und gebe „täglich 3 Bier zum Aufwärmen, 1/2 l Wodka zum Durchhalten und 2 Jägermeister zum Absacken“ ein :)

    Was mich noch zum Nachdenken anregte – bisher ohne Erfolg – ist diese Zeile (ganz unten):
    „Eine Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Unterstützung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV).

    • stefanolix sagt:

      Ich möchte ja wissen, wie die reagieren, wenn man ein Tagebuch eröffnet und dann gar nichts hineinschreibt. Entweder sie halten den Nutzer für einen Abstinenzler oder sie denken, er sei immer zu betrunken zum Tippen ;-)

      Die Seite scheint laut Impressum in Verantwortung der BZgA zu liegen. Die PKV scheint ein Sponsor zu sein. Ist ja auch nachvollziehbar, denn der Alkohol verursacht schließlich Kosten. Eigentlich sollte die GKV auch etwas beisteuern [natürlich nur für eine datenschutzgerechte Lösung].

      • Frank sagt:

        fies wäre auch, immer nur Cola und Apfelsaft einzutragen und dann anzugeben, dass man am nächsten Tag wieder ganz schön verkatert war.

        Ich glaube, man sollte viele Leute dazu bewegen, sich dort anzumelden und dann gewaltigen Unfug einzutragen. :-)

      • stefanolix sagt:

        Das wäre natürlich eine Idee. Aber mal ehrlich: Auch für ganz gewaltigen Unfug wäre mir der Aufwand der Anonymisierung und der regelmäßigen Besuche zu hoch. Eigentlich sollte man den zuständigen Datenschutzbeauftragten auf diese Praxis hinweisen. Ich werde mal herausfinden, ob der Bund oder ein Bundesland dafür zuständig ist.

    • Frank sagt:

      Micha, das Gute an so einem digitalen Alko-Tagebuch wäre ja: Wenn man anschließend „hatte heute 3 Bier zum Aufwärmen, 1/2 l Wodka zum Durchhalten und 2 Jägermeister zum Absacken“ noch orthografisch korrekt eingetippen konnte, dann weiß man, dass man noch nicht besoffen ist. Genauso gut könnte eine integrierte Tippfehler-Raten-Ermittlung dazu dienen, zu ermitteln, was man verträgt. Und über die Jahre hinweg ließen sich auch Tendenzen der persönlichen „Was vertrage ich?“-Grenze ermitteln. Herrliche Sache!

      Na, mal im Ernst: Das ist tatsächlich eine seltsame Idee, solche Daten etwas von sich preis zu geben.

      • Die kooperieren bestimmt mit RTL II, um sich neue Fernsehformate auszudenken … „Der Suchtberater“, „Vertrunkene Liebe“, „Germany Next Top Trinker“ usw. ;)

      • stefanolix sagt:

        Ich werde mir »Die Sucht-Nanny« und »Flaschentausch« schützen lassen ;-)

      • „Flaschentausch“ gefällt mir ;) … könnte man vielleicht kombinieren mit „Flasche sucht Glas“.
        Schwieriger wird’s sicher bei „Anonyme Alkoholiker Late Night“ :)

        PS: letzteres war nicht zynisch gemeint, ich mache auch mit einem Freund, der dieses Problem mal hatte, gelegentlich derbere Witze …

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