Von Kühen und Milch

Seit vielen Jahren wird in den Schulen und im Netz ein Artikel weitergereicht, in dem die Wirtschaft am Beispiel des Bauern mit den zwei Kühen erklärt wird. Es ist an der Zeit, den Artikel fortzuschreiben.


Vor dem Auftauchen der Piraten war alles ganz einfach: Ein Bauer besitzt zwei Kühe. Die Milchindustrie kauft die Milch auf. Der Bauer nimmt das Geld, kauft den Kühen Futter und saniert seinen Stall.

Die Milchindustrie verarbeitet die Milch, füllt sie in Verpackungen ab und verteilt sie im ganzen Land. Die meisten Kunden bezahlen ihre Milch. Aber manche Kunden denken: Warum sollte ich bezahlen, wenn es morgen sowieso neue Milch gibt?

Die Milchindustrie lässt nun die Kunden verfolgen, die sich ihre Milch aus dem Milchladen mitnehmen, ohne zu bezahlen. Dabei verdächtigt sie zeitweise alle Milchtrinker. Im Milky Feedback stellen die Piraten fest: Die Milchindustrie ist die Wurzel allen Übels.

Ein Pirat gibt sich im Fernsehen nachdenklich: Die Kühe sind anscheinend Urheber der Milch. Wir wissen das alles noch nicht so genau. Wir sind noch in der Findungsphase. Aber die Kühe werden auch irgendwie zurechtkommen, wenn es keine Milchindustrie mehr gibt. Darauf eine Club-Mate!

Die Piraten beschließen: Die Milch wird kostenlos via Milk-Sharing verteilt. Die Bauern dürfen für ihre Kühe um Spenden aus dem Milk-Funding bitten. Dafür entwirft Julia Schramm eigens einen Milkr-Button.

Fünf Jahre später: Die Piraten kommen an die Regierung. Das Abfüllen von Milch in Flaschen und Tetrapacks wird wirksam verhindert. Die Menschen haben das Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen und können so viel Milch trinken, wie sie wollen.

Alle müssten eigentlich glücklich sein. Doch das Milk-Funding hat nie so richtig funktioniert: Der Milkr-Button wurde auf den meisten Rechnern geblockt und jeder dachte, dass doch der Nachbar zahlen könnte.

Nach kurzer Zeit haben die Kühe kein Futter mehr, die Ställe brechen zusammen und die Bauern wandern aus. Die letzten Milchvorräte werden sauer. Die Piraten zucken mit den Schultern und trinken noch eine Club-Mate.


Ergänzung: Hier ist ein Link zu einem der vielen Artikel, die das Original verbreiten. Es gibt viele Variationen …


36 Responses to Von Kühen und Milch

  1. Frank sagt:

    Wow … informier dich mal über die Ziele der Piraten. Ich hätte ehrlich mehr erwartet als dieses Nachplappern auf Bildzeitungsniveau. :/ Auch ich bin kein Piratensympathisant, aber mit solchen kurzsichtigen Posts machst du dich lächerlich.

    • stefanolix sagt:

      Schauen Sie, Frank: Dieser Artikel gehört in den Bereich »Satire«. Satire soll zum Nachdenken anregen. Wenn Sie nun meinen, dass ich mich mit dem Artikel lächerlich gemacht habe und trotzdem nachdenken, soll es mir auch recht sein.

  2. petermacheli sagt:

    Da fehlt ein Punkt am Anfang: Stefanolix erfindet den Milchkopierer, um seine Vergleiche nicht hinken zu lassen. Aus technischen Gründen fehlen der kopierten Milch leider wichtige Bestandteile, die schleichend einsetzende Realitätsferne bringt weite Teile der Bevölkerung zur Resignation.

    • stefanolix sagt:

      Finden wir uns damit ab: Ein satirisches Blog-Posting kann keine fundierte Analyse sein. Diesen Anspruch erhebst Du doch für Deine Artikel auf »sehnsuchtsort.de« auch nicht. Oder doch?

    • Frank sagt:

      So abwegig ist der Vergleich mit der Milch aber gar nicht – den brachte kürzlich schon mal Volker Strübing* im Spiegel: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,829121,00.html

      (* Das ist der Autor der einigermaßen berühmten „Kloß und Spinne“-Videos auf Youtube)

      • stefanolix sagt:

        Herzlichen Dank für den Hinweis. Ich kannte seinen Artikel nicht. Er spricht etwas aus, was ich auch denke: Für Innovation und künstlerische Spitzenleistung muss es Anreize geben. Mittelmaß haben wir genug.

        Ich wollte generell noch etwas zu dem Thema sagen, das Peter ansprach:

        Es ging mir gar nicht um die Kopierfähigkeit eines Wirtschaftsguts. Kopieren bringt nirgendwo eine eigene Leistung ins Spiel. Wenn wir uns mit Mittelmaß zufrieden geben wollen, können wir so weitermachen, wie es die Piraten propagieren: Es gibt sowieso schon unzählbar viele schlechte Kopien von guten Musikstücken. Nehmen wir doch einfach, was wir im Netz kostenlos kriegen können. Wen interessieren die Urheber?

        Eigentlich müsste nie wieder jemand die Klavierkonzerte von Beethoven aufnehmen. Eigentlich müsste auch nie wieder jemand ein neues Lied schreiben. Dass beides immer wieder in höchster Qualität getan wird, geschieht nicht wegen der kruden Theorien der Piraten, sondern trotzdem.

        Man sag heute manchmal, die Piraten seien radikal egalitär. Und wer wollte schon gegen Gleichheit sein? Aber es gibt ein Maß an Gleichheit, das unerträglich wird: Wenn alle im Einheitsbrei schwimmen. Deshalb muss die Balance zwischen »egalitär« und »elitär« immer wieder neu gefunden werden. Wenn sich die Waage zu sehr in eine Richtung neigt, wird es gefährlich.

      • petermacheli sagt:

        Doch, der Vergleich materielle immaterielle Güter hinkt aus Gründen der Kopierbarkeit. Ich leere nicht sein Euter, sondern kopiere mir -von Volker Strübing unbemerkt- einfach einen halben Liter Milch von meinem Kneipennachbarn. Danach schütte ich sie weg, mir schmeckt Männermilch nicht.
        Der Strübing dächte natürlich, (wenn er es doch bemerken würde), „Wenn der Macheli mir nicht die Milch wegkopieren würde, täte der täglich fünf Liter kaufen.“ Dabei ist der Strübing bloß der Statistik der Milchwirtschaft auf den Leim gegangen, nach der jeder Deutsche pro Jahr fünfhundert Liter benötigt. Ab vierhundertneunundneunzig zahlt die EU nämlich Fördermittel für Melkarbeitsplätze.
        Vielleicht sollte Strübing lieber auf Hähnchen umsatteln. Die wären sicherlich ganz froh, wenn Broiler in Zukunft kopiert würden.

        Abgesehen davon: Wie sieht denn Eure Lösung aus? Bluetooth verbieten? Auf Schulhöfen wird massiv getauscht, per Handy. Ohne eigene Ideen, wie es denn anders ginge, seid Ihr doch keinen Deut besser als Statements der Piraten.

        Peter Macheli (der selbst auch mit Kollegen/Freunden tauscht, privat Linux nutzt und nicht zu den Excel- und SPSS-Freunden zählt)

      • stefanolix sagt:

        Lass uns das ein andermal diskutieren – nicht unter einer Satire. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich im Verhältnis zwischen Künstlern (Interpreten, Entwicklern …) und ihren Nutzern viel ändern muss — aber nicht auf die Weise, die die Piratenpartei erreichen will. Folge bitte mal Franks Link unter dem anderen Beitrag. Es ist erschreckend, mit welcher Naivität die Piraten argumentieren.

        Ein neuer Weg? Ein alter Weg? Auf jeden Fall: Der falsche Weg.

      • stefanolix sagt:

        Übrigens erkennt man es bei den Patenten (siehe Franks Link) ganz deutlich, dass man materielle und immaterielle Güter gar nicht so einfach trennen kann. Es wird sehr schnell materiell, wenn man eine Konstruktion nicht mehr schützen kann.

      • Frank sagt:

        „mir schmeckt Männermilch nicht“ – der war gut! Schade, dass es (noch?) keine Konversation Strübing – Macheli gibt, das stelle ich mir sehr unterhaltsam vor :-)

        Wie meine Lösung aussieht? Ja, ich weiß, dass es heute sehr einfach ist, sich Dinge herunterzuladen. Und dass auf Schulhöfen komplette Terabytes getauscht werden, habe ich mir erst kürzlich wieder von einem jungen Mann bestätigen lassen (der aber immerhin gelegentlich noch Kinokarten kauft und seine Computerspiele allen Ernstes bezahlt). Ich habe keine Lösung

        Aber das was die Piraten wollen, geht auch nicht: Die sagen ja nicht nur, man solle die Kopiererei legalisieren, wenn sie nun schon kaum zu verhindern ist, sondern die Piraten wollen das ja sogar noch regelrecht ausbauen und erleichtern! Ehe ich das hier nochmal schreibe – siehe hier, nach dem Absatz, der mit „Das Recht auf Erstveröffentlichung …“ beginnt: http://goo.gl/6dYDa

        Es ist übrigens noch etwas anderes, wenn man sich mit Leuten, die man tatsächlich kennt, Dinge austauscht. Das mache ich auch und fand das diesbezügliche Gejammere der Musik- und Filmindustrie schon immer übertrieben. Aber es ist heute durch Rapidshare & Co eben eine ganz andere Dimension der Tauschmöglichkeiten entstanden. Mittlerweile muss man niemanden mehr kennen, von dem man das Gewünschte borgen kann – heute reicht es, dass weltweit nur noch wenige (eigentlich reicht Einer) das betreffende Werk uploaden, damit es weltweit alle Anderen haben.Da kann ich irgendwo auch die bösen „Verwerter“ verstehen, wenn die sich Gegenmaßnahmen ausdenken.

      • stefanolix sagt:

        Für mich war zum ersten Mal eine Grenze erreicht, als die Piraten weltweites Filesharing == Privatkopie gesetzt haben. Ab diesem Punkt ist es einfach nur noch anmaßend.

        @Peter: Ich denke, dass ich weit mehr als einen Deut besser bin als die Statements der Piraten. Nur ist eben das, was ich über Privatkopien, Lizenzen und Patente denke, bei weitem nicht so populär, wie deren Losungen.

  3. Christiane sagt:

    Hast Du geahnt, dass Du eine solche Diskussion anstoßen würdest, als Du locker-flockig Satire schreiben wolltest?? Alter Schwede…
    ;-)

  4. henteaser sagt:

    Der Vergleich passt insofern nicht wirklich, da Musik, Filme und Bücher schlecht werden, während man an Milch noch nach vielen Jahrzehnten seine Freude haben kann und auf jedem gut sortierten Flohmarkt immer wieder Sorten entdeckt, von denen man noch nie gekostet hat. Oder so ähnlich.

    • stefanolix sagt:

      Doch. Er passt. Denn wenn nichts Neues mehr hinzukommt, lebt man von der Substanz. Die Medien, die Du heute auf dem Flohmarkt oder im Antiquariat kaufen kannst, wurden irgendwann in Auftrag gegeben, geschaffen, produziert und — man glaubt es kaum — gekauft ;-)

      • henteaser sagt:

        Ja klar, aber wie willst du Daten verbrauchen?

      • stefanolix sagt:

        Natürlich kann das vorhandene Buch gescannt, kopiert und beliebig oft reproduziert werden. Die PDF-Datei mit dem gescannten Buch kann nicht »verbraucht« werden.

        Aber mir geht es doch nicht um die Reproduktion. Mir geht es um die Kreation neuer Werke.

        Wenn die Vorstellungen der Piraten umgesetzt werden, dann sinkt der Anreiz, neue Werke zu schaffen.

      • henteaser sagt:

        steile These: Der Anreiz, eigene Werke zu schaffen, hat nichts mit den erzielbaren Marktpreisen zu tun. Weshalb es auch so viele quasi-kostenlose Tweets, Flickr-Accounts, Netlabels, Freeware, Fanfiction usw. gibt.

        Wer an all dem Zeugs letztendlich verdient, sind die App-, Speichermedien- und Hardwarehersteller. Und die wiederum müssen Prozente aufschlagen, damit ‚die Gema‘ Geld an ihre beliebtesten Künstler auszahlen kann. (Bekommen Verlagshäuser und Analogfilmhersteller davon eigentlich auch was ab?)

      • henteaser sagt:

        [Von Blogbeiträgen und -kommentaren ganz zu schweigen. Oder machst du das hier, um mal bei der Sächsischen Zeitung o.ä. anzuheuern?]

      • stefanolix sagt:

        Deine steile These kann man prüfen: Sehr viele Urheber wollen in dem bisher üblichen System Leistung bringen und davon leben. Je besser die Leistung, desto besser die Bezahlung.

        Frank hat gestern einen Beitrag verlinkt, in dem es um das preisgekrönte technische Patent eines Erfinders ging. Die Reaktion eines Mitglieds auf einer Piratenversammlung: Das haben Sie doch bestimmt in Ihrer Freizeit gemacht. Andere Piraten haben mit etwas überlegteren Worten gefordert, dass solche Erfindungen gefälligst der Allgemeinheit gehören sollen (als Teil der Allmende).


        Zu deinen Beispielen: Tweets sind Veröffentlichungen von Gedanken. Sie dienen (wertneutral ausgedrückt) der Selbstdarstellung von Menschen, Unternehmen, Parteien oder Organisationen. Es liegt in der Natur der Sache, dass man diese Informationen nicht hinter einer Bezahlschranke versteckt ;-)

        Die Parallele zu Flickr-Accounts ist offensichtlich, nur dass dort keine Gedanken, sondern Fotos veröffentlicht werden. Den Profis dient Flickr als Schaufenster, den Aufstrebenden als Laufsteg und den Amateuren als Twitter für Fotos ;-)


        Freeware ist kein eindeutiger Begriff. Es gibt OpenSource, die auf der Basis des bestehenden Urheberrechts freiwillig programmiert und deren Quellcode offengelegt wird. Es gibt kostenlos nutzbare Programme, bei denen die Entwickler ihren Quellcode bewusst nicht offenlegen. Beide sind für den Nutzer lizenzkostenfrei. Um zu beweisen, dass hinter beiden tragfähige Geschäftsmodelle stecken, reichen einige Stichworte:

        – Wartungsvertrag
        – Anpassung (Customizing)
        – Vollversion einer Closed-Source-Freeware

        Nichts davon ist auf Patente oder innovative Kunstwerke anwendbar. Und bisher gelten Gesetze, um die Freiwilligkeit der beiden Entscheidungen (Veröffentlichung als OpenSource-Programm oder Freeware) zu sichern.


        Damit wären wir bei Deiner letzten Frage: Ich betreibe das Blog aus zwei Gründen:

        1. um meine Meinung zu sagen — in Form von Fotos, ernsten Texten, satirischen Texten und manchmal auch empörten Texten.

        2. um dabei klüger zu werden.

        Was soll ich also bei der »Sächsischen Zeitung«? Dort würden andere bestimmen, was ich schreiben und fotografieren soll ;-)


      • henteaser sagt:

        Alles valide Punkte, aber wenn das altbewehrte Geschäftsprinzip (zumindest für kleine bis mittelständige Künstler) aus technischen Gründen nicht mehr zum Leben reicht, muss ein Neues her.

        Wobei es so neuartig nicht ist, dass die vermeintlich zusätzlichen Vorträge, Konzerte, Lesereisen und Talkshows gleichzeitig Das Produkt anpreisen und die einzig nennenswert-handfesten Einnahmen generieren.

        Aber abgesehen davon stimme ich dir zu: Die abfedernden Konzepte, von denen Gema und VG Wort (sowie iTunes, haha) welche sein möchten, sind so gesehen logischer, als nur via Parteiprogramm darauf zu verweisen, dass sich das Geldsystem ändern müsste.

      • stefanolix sagt:

        Warum muss das Verhalten von Menschen immer so bleiben, wie es ist? Kann es sich nicht ändern? In den letzten 20 Jahren haben wir viele Umdenkprozesse erlebt, in der Zeit seit 1968 noch weitaus mehr.

        Ich bin deshalb sicher, dass es auch einen Umdenkprozess in Bezug auf kreative technische und künstlerische Werke geben wird.

        Warum muss also ein neues Geschäftsmodell her? Kann man das bestehende Geschäftsmodell nicht verbessern? Warum sollen die Anbieter und die Nutzer in dem bestehenden Geschäftsmodell nicht besser kooperieren können?


        Die Piraten schlagen für technische Patente und für künstlerische Werke jeweils Lösungen vor, die einer weitgehenden Enteignung gleichkommen. Als Ausgleich wollen sie ein bedingungsloses Grundeinkommen und einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr einführen.

        Das gesamte Modell ist letztlich nicht anderes als Gleichmacherei. Ich will nicht der Gleichmacherei unterliegen und deshalb wähle ich die Piraten nicht.


        Last but not least: In dieser Diskussion habe ich viel mehr gelernt, als ich gestern beim Schreiben des Artikels geahnt hätte. Ich bin allen dankbar, die mir durch Anregungen, Links und Fragen zu diesem Gewinn verholfen haben.

      • petermacheli sagt:

        Die (meist kleineren) Softwarefirmen in denen ich bisher gearbeitet habe, hatten wirklich große Probleme mit Patenten, weil jede noch so kleine Banalität patentiert ist (was natürlich möglichst nicht bekannt sein darf, bis andere Firmen am Markt erfolgreiche Produkte platziert haben und damit der Goldesel installiert wurde).
        Piratenbashing ist beispielsweise auch schon geschützt, auch wenn Deine Ideen neu klingen. Der Bestandteil „kommen an die Regierung“ Deines obigen Textes wurde schon 2003 von der Jungen Welt im Zusammenhang mit FDP-Bashing angemeldet, das Verfahren ist in der Schwebe und soll bis 2017 endgültig entschieden werden. Bis dahin ist die Verwendung dieses Satzbausteins in Verbindung mit Parteien finanziell riskant, da mit rückwirkenden Lizenzierungskosten in Höhe von siebzig Milliarden Euro gerechnet werden muss. Diesen Streitwert haben zumindest die Juristen der Jungen Welt errechnet, um den Kommunismus doch noch schleichend einzuführen (beginnend bei ihren Familien und Geschäftsfreunden).

      • stefanolix sagt:

        Das Problem der Trivialpatente ist mir aus eigener Erfahrung in der Software-Entwicklung gut bekannt. Ich bin sehr froh, dass ich in einer Nische arbeite, wo es keine Rolle spielt (und dass ich flexibel reagieren kann).

        Leider wird der Begriff »Patent« in den Rechtssystemen der einzelnen Industriestaaten unterschiedlich ausgelegt. Das ist in einer globalisierten Wirtschaft ein Riesenproblem.

        Aber ich würde es gern vom Kopf auf die Füße stellen: Neben den notwendigen und technisch gerechtfertigten Patenten gibt es eine Grauzone der Trivialpatente. Diese Trivialpatente dürfen nicht zum Vorwand genommen werden, alle Patente abzuschaffen.


        Ich betreibe kein Piratenbashing. Wenn es notwendig ist, kritisiere ich alle Parteien. Man nennt das angewandte Meinungsfreiheit ;-)


  5. Patrick sagt:

    Wenn schon satirische Polemik, dann bitte richtig.

    Ein Bauer hatte mal zwei Kühe, und die Milch floss reichlich. Täglich kamen Milchtrinker zum Bauernhof um Milch zu kaufen. Dann meldete sich die MivG, die Milchverwertungsgesellschaft. Sie bot dem Bauern an, künftig seine gesamte Milch zu verwerten. Pro verkauftem Liter Milch sollte er daher künftig bis zu 70 Jahre nach dem Tod seiner Kühe zwei Cent erhalten. „Was für ein tolles Geschäft!“, dachte sich der Bauer, und willigte ein.

    Künftig musste er eine Lizenz lösen, um noch direkt ab Bauernhof Milch verkaufen zu dürfen. Das kostete ihn eine Pauschale von 20 Euro pro Tag, weil die MivG fand, es sei ihr zu aufwendig, jeden Liter abzurechnen.

    Dann führte die MivG die Marke „Milva“ ein und vermarktete ihre Milch nur noch unter diesem Namen. Dem Bauern wurde verboten, weitere Kühe anzuschaffen, die nebenher noch nicht-Milva-Milch produzierten. Seine Abgaben für auf dem Hof verkaufte Milch erhöhten sich durch die Markenlizenz.

    Einmal kam ein Pirat vorbei und wollte die Kuh streicheln. Der Bauer klärte ihn auf, dass diese Begegnung kostenpflichtig wäre — immerhin handelte es sich um eine Milva-zertifizierte Kuh. Der Pirat lachte nur und meinte, wenn das kein Witz wäre, dann wäre es wohl das beste, das gesamte Immaterialgüterrecht abzuschaffen.

    Da wurde der Bauer wütend und verjagte den Piraten. „Ich habe mich mit dem System arrangiert! Vielleicht werde ich ausgebeutet, aber das war ja schon immer so!“. Und so veränderte sich nie etwas, und der Bauer hofft noch heute darauf, dass er mit der nächsten Premium-Markte vielleicht ein paar Cent mehr für seine Milch erhält.

    Denn er weiss genau: Die MivG ist vielleicht bloss eine heilige unantastbare Hure, aber die Piraten wollen seine Kuh streicheln, gratis Milch trinken und sowieso bloss seine Töchter vögeln. Deshalb sind sie böse, und jegliche Veränderungen sind sofort im Keime zu ersticken. Und wenn die Kühe mal gestorben sind, so gelten die Lizenzverträge noch immer….

    • stefanolix sagt:

      @Patrick: Deine Polemik mag einen unschönen Nebenaspekt der Sache beschreiben. Aber nur weil es bei der Durchsetzung von Urheberrechten offensichtlich Exzesse gibt, würde ich nicht das ganze Urheberrecht in Frage stellen.

      Nur ein kleiner Hinweis, der Balance wegen: Bei der Verletzung der Urheberrechte gibt es ebenfalls Anmaßung und Übertreibung — und auch dort geht es bis zum Exzess.

      • Patrick sagt:

        Exzesse? Ich schrieb doch bloss über den alltäglichen Wahnsinn der konkret existierenden Schutzfristen und Monopolverwertungsgesellschaften. Das führt nicht nur zur Gängelung der Kunden, sondern auch zur Gängelung der Urheber. Daher wundere ich mich schon, wenn ausgerechnet aus Bloggerkreisen das bestehende System unterstützt wird.

        Die Piraten mögen den Enterhaken etwas zu weit geworfen haben, aber das derzeitige System schafft einzig Monopole und behindert Vielfalt.

      • stefanolix sagt:

        Blogger sagen ihre Meinung. Die Meinungen der Blogger sind so vielfältig, dass man sie wohl kaum als Meinung der »Bloggerkreise« zusammenfassen kann. Und das ist auch gut so.


        Zweifellos sind bestimmte Praktiken von Konzernen und Verwertungsgesellschaften nicht akzeptabel. Aber sie sind zum Teil einfach die Gegenreaktion auf inakzeptable Praktiken der anderen Seite. Auge um Auge. Es hat sich einfach aufgeschaukelt.

        Noch verdienen viele Menschen ihr Geld mit Erfindungen, Fotos, Filmen und Texten. Deshalb sage ich: Man muss die Exzesse beenden und die drohenden Einschränkungen der Freiheit abwenden, aber man darf nicht das ganze Urheberrecht zerstören.

        Nutzer können sich so anständig verhalten, dass sie sich auf Privatkopien im engsten Kreis beschränken. Niemand ist gezwungen, Filme und Musik in Massen weltweit verfügbar zu machen. Niemand ist gezwungen, solche illegalen Angebote zu nutzen.

        Mit einem Mindestmaß an Anstand und wirklich sehr wenig Geld kann man komplett saubere Angebote nutzen und ist den ganzen Tag mit Medien versorgt. Mehr, als man jemals hören kann. Wären alle so vernünftig, würde es auch keine Millionenprofite der Betreiber illegaler Download-Plattformen geben.


        Das eigentliche Problem liegt aber viel tiefer. Die Piraten vertreten zu Patenten, Werken und Medien eine Position, die in letzter Konsequenz zu einer nahezu totalen Enteignung der Urheber führt. Würden die Vorschläge der Piraten 1:1 umgesetzt, stünden wir am Ende eines leistungsgerechten Urheberrechts.


        PS: Das »System« schafft keine Monopole. Ich kenne zumindest in Deutschland kein Medienmonopol.

      • Frank sagt:

        Hallo Patrick. Zunächst ist Dein Vergleich mit dem Piraten, der die Kuh nur lieb streicheln möchte, zwar ganz hübsch, aber trotzdem kompletter Unfug. Das, was die Piraten wollen (jegliche Kopiererei legalisieren, geistiges Eigentum existiert ja ohnehin nicht), ist mit Kühe-streicheln nicht vergleichbar. Beim Streicheln würde sich die Kuh ja wenigstens wohl fühlen (obwohl sie ansonsten nicht viel davon hat) – einige Urheber fühlen sich aber bei den Ambitionen der Piraten gar nicht sehr wohl. Weil sie dadurch endgültig nichts mehr von ihren Werken hätten.

        Zweitens schreibst Du „das derzeitige System schafft einzig Monopole und behindert Vielfalt“. Aha? Wenn ich mir nur mal so die aktuellen, geplanten und kürzlichen Neuerscheinungen auf dem Musikmarkt ansehe

        http://www.cdstarts.de/kritiken/aktuell.html

        dann finde ich dort durchaus eine Menge Vielfalt. Und das, obwohl diese Musik über das derzeitige System der ach-so-schlimmen „Verwertungsindustrie“ heraus gegeben wird. Seltsam …

      • stefanolix sagt:

        Es ist sehr zurückhaltend ausgedrückt, dass sich einige Urheber gar nicht sehr wohl fühlen. Dem Erfinder aus dem ARD-Beitrag ginge es unter Umständen an die Existenz, wenn die Vorstellungen der Piraten zur Maxime des täglichen Handels würden.

        Und auch wenn es nicht so schlimm käme: Es ist rein menschlich eine Anmaßung und Unverschämtheit, wenn er in der Sitzung der Piraten vorgehalten bekommt, dass das Erfinden doch bloß seine Freizeit-Aktivität sei. Und später vom etwas professionelleren Piraten: Dass man anstrebe, möglichst viele Erfindungen in das Allgemeingut zu überführen (sprich: zu enteignen).

        Da habe ich in meinem Hinterkopf immer das Bild von der Landwirtschaft der Ex-DDR, wo alle Bauern zwangskollektiviert wurden.

  6. Frank sagt:

    Falls der Kommentar jetzt doppelt kommt – früher hat WordPress auch schon mal besser funktioniert!

    • stefanolix sagt:

      Er kam nicht doppelt und es liegt auch nichts in den beiden Ordnern »Offen« bzw. »Spam«. Kann auch an Deiner Verbindung gelegen haben ;-)

      • Patrick sagt:

        Dafür kann ich im obigen Thread nicht mehr antworten…

        Das mit den Monopolen bezog sich auf die Verwertungsgesellschaften. Neelie Kroes hat ganz hübsch erwähnt, dass für über 95 Prozent der Mitglieder höchstens Taschengelder abfallen. Das meine ich mit „System“: Es wird einfach nach oben zu den Top Ten umverteilt. Wenn Du unbedingt wie in fast jedem Deiner Postings Kommunismus-Vergleiche herziehen willst: Die Bonzen-Diktatur passt hier recht gut.

        Hier in der Schweiz ist übrigens die Privatkopie viel besser gesetzlich verankert, und Downloads sind in jedem Falle strafrechtlich unproblematisch. Seltsamerweise haben die Medienverkäufe dennoch nicht stärker abgenommen als etwa in Deutschland. Es ist ziemlich naiv, Urheberrechtsprobleme im privaten Bereich mit dem Strafrecht lösen zu wollen. Und mit den „Kopierschutzmassnahmen“ ärgerst Du doch bloss die technisch Unbedarften.

        Mein Hauptärgernis ist die Schutzfrist von 70 Jahre nach dem Tod. Wenn die Piraten durch ihre paar Prozent dazu beitragen können, dass hier vernünftige Regelungen kommen, dann wäre das schon viel.

        Und nur weil Du das Patentrecht erwähnt hattest: Ein heutiger Garagen-DanielDüsentrieb könnte sich schon eine saubere Patentrecherche gar nicht mehr leisten. Der ursprüngliche Gedanke des Investitionsschutzes nützt hier auch nur noch demjenigen, der einen _grossen_ Kapitalgeber bereits hinter sich hat.

      • stefanolix sagt:

        Es war kein Kommunismusvergleich, sondern ein Sozialismusvergleich. Sei froh, dass Ihr beides in der Schweiz noch nicht hattet ;-)


        Noch mal: Ich bin kein Verfechter des aktuell geltenden Urheberrechts. Es gibt in der Praxis viele Fehler und Probleme und es gibt auch im gesetzlichen Rahmen einige Schwachpunkte.

        Aber das kann nicht bedeuten, dass wir alle Schutzrechte abschaffen. Auch auf anderen Gebieten gibt es Defizite im demokratischen Rechtsstaat. Die Polizei fängt z.B. längst nicht alle Einbrecher, die Gerichte tun sich sehr schwer bei der Verurteilung von Extremisten. Deshalb würde ich aber weder Polizei noch Gerichte abschaffen.

        Das »Recht des Stärkeren« kann auch nicht das letzte Wort sein.


        Ich habe keine Lösungen, aber einen interessanten Ansatz. Ich habe dazu einen Artikel im Hinterkopf und ich werde hoffentlich bald dazu kommen, ihn aufzuschreiben.


        PS: Ich bin nicht auf die »Piraten« fixiert. Wie man unschwer erkennen kann, mache ich vor bürgerlichen Politikern auch nicht halt, wenn sie unsäglich doofe PR machen oder wenn sie unsere Freiheit einschränken wollen.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..