PR und Druck

Wer viel druckt, kennt das ja: meist wird die Patrone im ungünstigsten Augenblick leer und man hat zwei Probleme. Erstens muss man eine neue Patrone besorgen und zweitens muss man die alte Patrone entsorgen.

Beide Probleme lösen viele Privatkunden einfach durch Nachfüllen der Patronen. Die meisten Tintenpatronen kann man selbst nachfüllen oder nachfüllen lassen. Von Tonerpatronen sollte man als Anwender die Finger lassen — denn mit Toner sollten nur Profis umgehen!

Die meisten Unternehmen tauschen die Patronen immer wieder gegen Originalpatronen aus oder verwenden nachgefüllte Originalpatronen von Drittanbietern.

Der Blogkollege vom Dresdner Rand greift nun eine Pressemitteilung auf, die per Mail an Dresdner Blogger verschickt wurde. Quintessenz: Man sollte doch den HP-Konzern dazu zwingen, seiner Selbstverpflichtung zum Abholen der Patronen nachzukommen. Ich habe diese PR-Mitteilung auch bekommen, doch ich habe dazu eine etwas andere Meinung als der Kollege.

In der Mitteilung wird vorausgesetzt, dass der HP-Konzern kein Interesse an der Rücknahme der Patronen habe und dass man ihn quasi zur Rücknahme antreiben müsse. Doch das stimmt nicht:

  1. keine zurückgegebene Patrone wird privat nachgefüllt,
  2. keine zurückgegebene Patrone wird von einem Drittanbieter nachgefüllt,
  3. aus jeder zurückgegebene Patrone kann teures Material zurückgewonnen werden.

Der HP-Konzern hat also ein vitales Interesse daran, dass möglichst viele Patronen zurückgegeben werden. Denn so kann er am besten Geschäfte mit den Originalpatronen machen. Dieses Geschäft ist sehr lukrativ und war oft der wichtigste Gewinnbringer des Konzerns. In der Computerzeitschrift c’t war mal eine Karikatur abgedruckt, wo die Einbrecher alle irdischen Werte im Tresor gelassen hatten — nur die Tintenpatronen waren weg.

Ich finde, dass das Einsammeln der Patronen beim Nutzer die schlechteste Möglichkeit ist. Wer umweltbewusst drucken will, hat heute schon folgende Möglichkeiten:

  1. Auswahl des Tintenstrahldruckers nach dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Die einzelnen Farbpatronen (C, M, Y, K) sollten sich separat wechseln lassen. Nachfüllmöglichkeiten sollten einkalkuliert werden.
  2. Auswahl des Laserdruckers nach dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Gerade die billigsten Laserdrucker erfordern einen häufigen Patronenwechsel — das geht ins Geld und belastet die Umwelt.
  3. Abgabe der alten Tintenpatrone beim Kauf der neuen: dafür gibt es in allen großen Elektronikmärkten Sammelbehälter.
  4. Rücksendung der alten Tonerpatrone im Kasten der alten: das ist immer kostenlos und belastet die Umwelt nur minimal (denn zur Post muss man sowieso).
  5. Und: »Think before you print«: man kann sich überlegen, ob man wirklich so viel drucken muss oder ob man nicht sparsamer drucken kann.

Für die Umwelt wäre mit dem Einsammeln allenfalls dann etwas getan, wenn große Mengen von Tintenpatronen an zentralen Sammelpunkten zurückgegeben werden könnten. Dann würde es sich lohnen, ein Fahrzeug dorthin zu schicken. Die Rückgabequote könnte HP auch durch materielle Anreize erhöhen.

Für mich persönlich sieht diese PR-Mitteilung im Grunde eher wie eine Maßnahme des viralen Marketings aus, damit der HP-Konzern eine größere Rückgabequote der Patronen erreicht und möglichst keine Anreize setzen muss.


16 Responses to PR und Druck

  1. randOM sagt:

    Ich ziehe den virtuellen Hut, Kollege! Sie denken immer ein Stück weiter. Am Ende stimmt das noch mit dem viralen Marketing… Ein wenig verwundert hat mich die Ansage: „Den Informationstext finden Sie im Anhang dieser Mail. Änderungen und Anpassungen können natürlich mit Absprache vorgenommen werden.“ Das klingt entweder nach sehr Presseunerfahren oder nach Konzerndeutsch.
    Naja, Ihr Ziel haben sie auf jeden Fall erreicht – wir diskutieren drüber. Persönlich ist es mir egal, wer dahinter steckt, solange ein sinnvolles Recycling stattfindet…

  2. Frank sagt:

    Ich hatte die Mail auch erhalten. Als ich darin die Zeile las: „In unserem einmonatigen Probelauf müssen wir unsere Auftraggeber „Bestsidestory“ davon überzeugen …“, dachte ich: Auftraggeber? Na, dann sollen sie mal ihre Werbearbeit mal schön selbst machen. Ich habe anderes zu tun, als anderen die Arbeit anzunehmen. Außerdem stimmen zwei wesentliche Punkte nicht:

    1. Angeblich hat HP die Rücksendemöglichkeit auf ihrer (seiner?) Internetseite sehr versteckt. Als Beweis wurde der „unglaublich komplizierte Link“ präsentiert. Das ist aber Blödsinn, denn viele links sind kompliziert. Das ist aber nebensächlich. Ich habe bei HP einfach nur die Suchfunktion benutzt und bereits mit dem ersten Begriff („Rücknahme“) erreichte ich die richtige Seite mit Infos zur Rücknahme.

    2. Nur weil nur 4% aller Patronen zu HP zurück gelangen, bedeutet das nicht, dass 96% im Müll landen. Denn es gibt ja auch weitere Anbieter, wo man leere Patronen hinsenden kann. Da man dort aber sogar Geld dafür erhält, ist es logisch, dass die Leute, die sich überhaupt über leere Patronen Gedanken machen, eher diese Variante bevorzugen werden.

    • stefanolix sagt:

      Ich habe meinen Artikel vor allem als Reaktion auf den oben verlinkten Artikel geschrieben. Es kommen ja inzwischen öfter solche Mails. Ich habe deshalb den Namen der Kampagne auch nicht ausgeschrieben.

      Auf die Sache mit dem Link bin ich gar nicht erst eingegangen. Natürlich findet man auf komplexen Webseiten (die mit einem CMS angeboten werden) solche Seiten über die Suchfunktion. Sinnvoll wäre sicher eine Weiterleitung via »name-der-firma.com/recycling«.

    • stefanolix sagt:

      Wobei ich »Auftraggeber« noch sehr wohlwollend so verstanden habe, dass sie sich an irgendeinem Wettbewerb beteiligen. Beim zweiten Lesen erscheint die Mail noch etwas merkwürdiger. Die Anlage habe ich gleich gar nicht geöffnet (Word-Anlagen finde ich einfach ätzend).

      • Frank sagt:

        Naja, das mit dem Wettbewerb oder so kann schon sein. Ich fand’s nur doof, dass es nicht einmal eine website zu dem Projekt gab (ist ja heute kein Aufwand mehr), ich fand nur eine recht aussagelose facebook-Seite. Im Impressum von Bestsidestory wurde jemand mit demselben Familiennamen angegeben, wie ihn die Mail-Absenderin hatte.

        Aber was soll’s? Gehen wir mal netterweise von einer gut gemeinten aber nicht zu Ende gedachten Aktion aus.

  3. Jane sagt:

    Hab ich auch gekriegt, diese Mitteilung nebst Aufforderung, sie in meinem Blog zu veröffentlichen. Allein, ich wollte nicht so richtig. Irgendwie kam mir der Name einer gewissen Firma einfach zu häufig drin vor.
    Sprich, ich hatte einen ähnlichen Verdacht in Richtung PR-Masche wie du, Stefan.

    • stefanolix sagt:

      Wenn wir unsere Vermutungen (Frank, Jane, Stefanolix) mal zusammentun: würde es sich lohnen, der Sache noch tiefer nachzugehen? War der Auftraggeber wirklich HP? War es jemand anders mit irgend einem Hintergedanken? War es nur gut gemeint, aber schlecht gemacht?

      • Jane sagt:

        Interessant wäre das schon, mein journalistischer Spürsinn – zumindest behaupte ich einfach mal, dass ich so was habe – fühlt sich gerade angetriggert ;)

      • Frank sagt:

        Ohne mich. Das ist doch irgendwie Kleinkram. Es gibt interessantere Themen. Ist zumindest meine Meinung.

      • achim sagt:

        es haben alle blogger, aber auch leute ohne blog, die sich auf bestimmten seiten dds angemeldet haben, das anschreiben per email bekommen, mindestens 90% haben den mist umgehend im papierkorb versenkt, einer hats gepostet und nun diskutiert eine handvoll nun, dem „geheimnis“ auf die spur zu kommen.
        lieber gott, lass hirn regnen.

      • stefanolix sagt:

        Lieber »achim«: stell Dich möglichst lange ins Freie — vielleicht bekommst Du ein wenig davon ab ;-)

  4. Anton Launer sagt:

    Nachfragen lohnt sich, ich hab der Dame zurückgeschrieben und es stellte sich heraus, das der Auftraggeber nur ein Mittelsmann ist, der von dem Lieferservice bezahlt wird, die die Kartons zu HP bringen. Damit ist das eigentliche Interesse klar.

    @ Achim: http://www.neustadt-ticker.de/foto/fleischerei-angebot-nach-der-brn/

    • stefanolix sagt:

      Danke! Es ist (wie ich finde) ein Lehrstück für das Funktionieren solcher »Kampagnen«.

    • Frank sagt:

      @ Anton L.: Ein Glück, dass mein Kollege heute nicht hier ist. Ansonsten hätte ich jetzt erklären müssen, warum ich so laut aufgelacht habe. Schönes Foto!

    • stefanolix sagt:

      Nebenbei: kurze Zeit später kam ein Spam-Komentar mit dem Link zu einem »CMY-Value-Pack« eines anderen Herstellers mit drei separaten Patronen, die aber nur gemeinsam verkauft werden ;-)

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